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Die Kommunisten zählen schon Stimmen für die Verfassungsänderungen


Die Kommunistische Partei Russlands hat eine Internetseite für eine Volksabstimmung zu den Verfassungsänderungen erstellt. Ihr Ziel ist es, das Vertrauen der Wähler in die Initiativen von Präsident Putin zu untergraben.   

In den ersten 24 Stunden des Funktionierens der Internetseite für das „Volksreferendum“ der KPRF haben zu den 15 entscheidenden Änderungen der Partei für die Verfassung der Russischen Föderation rund 3500 Menschen ihre Stimme abgegeben. Die Kommunisten haben beschlossen, mit dieser Aktion ihre Position gegen jene Änderungen des Grundgesetzes zu untermauern, die die Offiziellen beim Plebiszit am 1. Juli zur Abstimmung bringen werden. Die Auszählung der virtuellen Stimmen erfolgt im Online-Regime. Die Unterstützung der linken Initiativen nähert sich der 100- Prozent-Marke. Eine Sammlung realer Unterschriften der Bürger auf den Straßen wird es jedoch allem Anschein nach nicht geben. 

Das „Volksreferendum“ der KPRF im Netz startete gleich nach der gesamtrussischen Parteiversammlung, die am 8. Juni stattfand. Verständlicherweise im Regime einer Videokonferenz. Der Führer der KPRF, Gennadij Sjuganow, hatte in seiner Rede die Situation im Land pessimistisch beschrieben und sich kritisch über die Handlungen der Offiziellen geäußert, die allem nach zu urteilen nicht mit der Krise fertig werden würden. Gesondert ging er auf die bevorstehende Abstimmung zur Verfassung ein, deren Änderungen seiner Meinung nach ihren „jelzinschen“, das heißt liberalen Charakter nicht ändern würden. 

Somit setzte Sjuganow die harte Rhetorik fort, die durch die Kommunisten beim ZK-Präsidium am 4. Juni angeschlagen worden war, auf dessen Tagung sie erklärt hatten, dass die Partei ihre Anhänger aufrufen werde, gegen die vom Kreml vorgeschlagenen Änderungen zu votieren. Das heißt, die KPRF hat die Absicht erklärt, Präsident Wladimir Putin das Vertrauen zu versagen. Logisch wäre es aber vorzuschlagen, dass das „Volksreferendum“ zu den 15 kommunistischen Änderungen parallel zum Plebiszit am 1. Juli durchgeführt wird und dementsprechend eine Vielzahl linker Agitatoren auf die Straßen der Städte kommen. 

Das „Volksreferendum“ wird jedoch allem Anschein nur im Internet erfolgen. Ja, und überdies wird es so organisiert werden, dass dies einzig und allein wie eine PR-Aktion aussieht. Beispielsweise wird die Abstimmung zu jedem der 15 Punkte im Online-Regime vorgenommen. Und der Grad ihrer Unterstützung näherte sich bereits in den ersten 24 Stunden der Marke von 97 bis 98 Prozent an. Lediglich für die Änderung über die direkte Aussage in der Verfassung über die Hauptrolle des russischen Volkes hat bisher nicht mehr als 90 Prozent. Im Großen und Ganzen belegen die Zahlen, dass sich für die Initiativen der KPRF ausschließlich deren Elektorat äußern wird. Und das bedeutet: Für den Kreml ist diese politische Aktion ungefährlich.    

Übrigens, nach den radikalen Erklärungen der vergangenen Woche hat die KPRF-Führung scheinbar angefangen, einen Rückzieher zu machen. Nehmen wir einmal Sjuganow, der bereits erklärte, dass ein Treffen mit Putin zur Erörterung sowohl von Plänen zur COVID-19-Bekämpfung als auch der Situation in der Wirtschaft nötig sei. Dieses Statement sieht seltsam aus. Wozu braucht eine echte Opposition einen Dialog mit jenen Herrschenden, die sie bald abzusetzen sich anschickt? Und die Anzeichen dafür, dass die Kommunisten doch zu Verhandlungen bereit sind, werden immer mehr. Zum Beispiel hat Sjuganow bei der allrussischen Parteiversammlung mitgeteilt, dass im Irkutsker Verwaltungsgebiet bei den Gouverneurswahlen der frühere Regionschefs Sergej Lewtschenko einen Sieg erringen werde. Aus der Angara-Region an sich kam jedoch die Information, dass die Konferenz zur Aufstellung eines Kandidaten erst für den 4. Juli anberaumt worden sei. Das heißt, die Kommunisten können mit den Offiziellen beinahe einen Monat lang schachern.