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Die NATO lässt „Iskander“-Raketen auf Helsinki ausrichten


Mit einem Beitritt zur NATO werden Finnland und Schweden zum Teil des für Russland feindseligen Blocks, und ihr Status wird kein neutraler mehr sein werden. Die anstehende Erweiterung wird der Führung der Nordatlantischen Allianz erlauben, Russland als eine „unmittelbare Bedrohung“ zu labeln. Darüber ist unter anderem in der neuen strategischen Konzeption der Allianz die Rede, im Sommer dieses Jahres angenommen werden soll. Bis dahin war in der Konzeption, die im Jahr 2010 verabschiedet worden war, Russland als ein „Partner“ ausgewiesen worden.

„Wir werden ihnen eine unmittelbare Bedrohung schaffen, um auf der Höhe dieser Einschätzung zu sein“, kommentierte am Montag sarkastisch der stellvertretende russische Außenminister Sergej Rjabkow die Situation in Beantwortung einer entsprechenden Frage der Moskauer Nachrichtenagentur „Interfax“.

Das Außenministerium bestätigt, dass Moskau in keiner Weise im Weiteren die Wünsche der Nachbarn in Bezug auf Sicherheitsfragen berücksichtigen werde. „Die bedeutet, dass, wenn dort Einheiten der NATO stationiert werden, diese Territorien zu Zielen werden, zu möglichen Zielen für Schläge, genauso wie auch die russischen Territorien zu Zielen für Schläge der NATO-Länder werden“, sagte Dmitrij Poljanskij, Stellvertreter des Ständigen Vertreters der Russischen Föderation bei den Vereinten Nationen.

Gegenwärtig wird die Grenze zwischen Finnland und Russland praktisch nicht bewacht. Und die Truppenteile sind von ihr bis auf eine Entfernung von 1500 Kilometern abgezogen worden.

Vor diesem Hintergrund erklärte Lettlands Außenminister Edgars Rinkēvičs erfreut, dass die Ostsee zu einem Territorium der NATO werde. Dies sagte er gegenüber der britischen Zeitung „The Financial Times“, als er die Absicht Schwedens und Finnlands, Mitglieder der Nordatlantischen Allianz zu werden, kommentierte. Wie das Blatt schreibt, würden sich die Länder des Baltikums schon lange darüber Sorgen machen, dass die finnischen und schwedischen Ostsee-Inseln als Stützpunkte für einen Überfall auf sie ausgenutzt werden könnten. Zuvor war gemeldet worden, dass die Vereinigten Staaten Finnland und Schweden unterstützen würden, wenn diese Länder beschließen würden, der NATO beitreten zu wollen.

Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis ist der Auffassung, dass die Pläne für einen NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens „eine sehr klare Mitteilung darüber ist, dass der nördliche Teil Europas ein Territorium der NATO ist“. Nach seiner Meinung „wäre dies von allen praktischen, politischen und schützenden Standpunkten aus sicherer“.

Professor Wadim Kosjulin von der Akademie für Militärwissenschaften sagte der „NG“, dass das Recht auf einen Beitritt Helsinkis oder Stockholms zu jeglichem Bündnis ein souveränes sei. „Das Problem besteht darin, dass Moskau Finnland und Schweden lange Jahre nicht als geopolitische Gegner angesehen hatte. Wir hatten keine Pläne für das Führung von Schlägen gegen diese Territorien oder zur Vornahme irgendwelcher feindseligen Handlungen gehabt. Helsinki kaufte bei uns sogar Waffen und Gefechtstechnik. Mit Stockholm war es schwieriger: Das Land machte eine ständige Depression aufgrund der Anwesenheit sowjetischer U-Boote in seinen territorialen Gewässern durch. Dennoch war dies aber kein Grund für ernsthafte diplomatische Meinungsverschiedenheiten. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt verändert sich alles. Und der finnische Präsident Sauli Niinistö ist sich ausgezeichnet darüber im Klaren, was er tut“, formulierte Wadim Kosjulin seine Meinung.

„Russlands Reaktion auf eine NATO-Mitgliedschaft Finnlands hat sich als zurückhaltender erwiesen als erwartet worden war. Außer Zweifel steht aber das, dass sich die Beziehungen mit Russland ändern werden“, erklärte Finnlands Staatsoberhaupt Sauli Niinistö. Und Premierministerin Sanna Marin informierte, dass die Regierung jetzt ihr Gutachten dem Parlament vorlegen werde, das inzwischen den Wunsch nach einem NATO-Beitritt am Dienstag mit 188 Ja-Stimmen bei acht Gegenstimmen unterstützte. „Unsere Entscheidung ist eine historische. Das Wichtigste ist die Sicherheit Finnlands und unserer Bürger. Diese Entscheidung verstärkt die Sicherheit und Zusammenarbeit der Länder Nordeuropas“, erklärte sie.

„Man kann beliebig viel über die Zweckmäßigkeit der einen oder anderen Entscheidung urteilen, doch der Hintergrund des Geschehens ist offensichtlich. Die USA und die NATO gestalten eine neue Realität Europas. In ihm gibt es für eine eigenständige Politik keinen Platz mehr. Es genügt, von dem Verzicht auf russisches Gas und Erdöl zu sprechen“, ist sich der Militärexperte Alexander Iwanin sicher.

Finnland hatte seit 1948 eine militärische Neutralität gewahrt, als es mit der UdSSR einen Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe unterzeichnete. Seit Mitte der 1990er Jahre entwickelt es aktiv eine Zusammenarbeit mit einzelnen Mitgliedern der Allianz. Doch bis vor kurzem hatte die Idee von einer vollständigen Integration in den Nordatlantik-Block keine signifikante Unterstützung genossen. Noch im Januar hatten sich laut Angaben der Zeitung „Helsingin Sanomat“ lediglich 28 Prozent der befragten Finnen für einen Beitritt zur NATO ausgesprochen. Die Situation veränderte sich grundlegend nach dem Beginn der sogenannten russischen Sonderoperation in der Ukraine. Laut letzten Umfragen wollen 76 Prozent der Bürger Finnlands in die NATO.

In dieser Hinsicht ist es bezeichnend, dass die Verstärkung des Schutzes der Grenzen mit der NATO für Russland durchaus schmerzfrei verlaufen wird. Der operativ-taktische Komplex „Iskander“ hat eine Reichweite von 500 Kilometern. Die ist eine mobile Startanlage mit zwei ballistischen Raketen. Die Dauer ihres Entfaltens macht wenige Minuten aus.

Ein Brigade-Satz solcher operativ-taktischen Raketenkomplexe besteht aus zwölf Startrampen, wobei jede zwei Raketen aufweist. Der Generalkonstrukteur des Konstruktionsbüros für Maschinenbau in Kolomna (vor den Toren Moskaus), Valerij Kaschin, sagte, dass „insgesamt mit ihm sieben äußerlich vollkommen gleichartige Raketen mit zehn Typen unterschiedlicher Gefechtsköpfe eingesetzt werden können. Sie könnten nukleare sein, Kassettengefechtsköpfe, die aus 54 einzelnen Gefechtselemente bestehen, tief einschlagende, die für eine Vernichtung in der Erde liegender und gut gesicherter Objekte bestimmt sind, Splitter- und Minen- sowie Thermo-Druck-Gefechtsköpfe. Bei einer der Varianten werde der Komplex mit weitreichenden Flügelraketen ausgerüstet. Sie würden erlauben, Bodenobjekte der Infrastruktur des Gegners zu treffen, und könnten als Schiffsabwehrwaffen eingesetzt werden.

Von Petersburg bis nach Helsinki sind es nicht mehr als 400 Kilometer Luftlinie. Von Kaliningrad bis nach Stockholm – etwas mehr als 300 Kilometer. Es darf nicht vergessen werden, dass die russische Baltische (Ostsee-) Flotte „Kaliber“-Flügelraketen großer Reichweite in der Bewaffnung hat. Und die Küstentruppen können durch die Raketenkomplexe „Bastion“ mit den Schiffsabwehr-Flügelraketen „Onyx“ ausgestattet werden. „Onyx“-Raketen werden derzeit sehr wirksam gegen Küstenobjekte der ukrainischen Militär-Infrastruktur bei Nikolajew und Odessa eingesetzt. Es ist klar, dass bei den existierenden Entfernungen im Ostseeraum sie auch gegen Schiffe der Nordatlantischen Allianz und deren Stützpunkte auf dem Festland wirksam sein werden.

Am Montag kursierte auf Telegram-Kanälen ein Video mit Aufnahmen von der Verlegung von „Iskander“-Komplexen in den Kreis Wyborg. Das im Internet aufgetauchte Video zeigte mindestens sieben Startrampen. Folglich ist die Meinung des lettischen Außenministers Edgars Rinkēvičs unbegründet und selbstgefällig.