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Die Staatsduma ändert den Arbeitsplan für die Jahresbotschaft oder Anweisungen des Präsidenten


Während der für den 7. Februar geplanten Sitzung der Staatsduma (des russischen Unterhauses – Anmerkung der Redaktion) ist geplant, einen neuen Zeitplan für die Frühjahrstagungsserie zu bestätigen. Konkret vorgeschlagen wird, Ende Februar-Anfang März die Fahrten zu Wählern abzusagen und die ganze Zeit nur der Arbeit an der Ochotnyj Rjad (Straße im Herzen Moskaus, wo die Staatsduma beheimatet ist – Anmerkung der Redaktion) zu widmen. Dies bedeutet, dass die Gesetzgeber für eine gewisse Art von Mobilmachung bereit sein müssen, dieses Mal direkt zum Tag des Vaterlandsverteidigers (am 23. Februar). Das heißt, dass indirekt das Gerede von der möglichen Verkündung der Jahresbotschaft des Präsidenten der Russischen Föderation am 20. Februar sozusagen bestätigt wird. Aber auch der bisherige Zeitplan hatte eine Präsenz der Staatsduma-Abgeordneten an diesem Tag in Moskau vorgesehen. Folglich geht es eher um die Aufgabe des Unterhauses, schnell jegliche Anweisungen von Wladimir Putin zu realisieren. Das Format – die Jahresbotschaft oder beispielsweise eine Ansprache zum 1. Jahrestag der militärischen Sonderoperation in der Ukraine – wird da bereits eine formale Angelegenheit sein. Und es gibt Anzeichen dafür, dass man die militärische Sonderoperation scheinbar doch in den geopolitischen Status eines „Krieges gegen den Westen“ versetzen wird.

Die Anweisung dafür, dass die Veränderung des Halbjahres-Zeitplans der Staatsduma durch eine operative Notwendigkeit ausgelöst wurde, ist anhand des Datums der Registrierung des entsprechenden Entwurfs für einen Beschluss des Unterhauses zu konstatieren. In der Datenbank des Unterhauses tauchte er am 3. Februar auf, gleich nach Medienberichten unter Berufung auf angeblich zuverlässige Quellen über den möglichen Auftritt Putins mit der Jahresbotschaft an die Föderale Versammlung am 20. Februar. Im Gebäude an der Ochotnyj Rjad begannen Gerüchte zu kursieren, dass dem so sei, obgleich auch etwas abgespeckte Szenarios für diese Art von zu verkündender Mobilmachung der Abgeordneten direkt am Tag des Vaterlandsverteidigers nicht ausgeschlossen wurden.

Das Präsidiumsmitglied des ZK der KPRF und Staatsduma-Abgeordnete Sergej Obuchow meldete sich beispielsweise mit solch einer Prognose in den sozialen Netzwerken zu Wort: „Die Abgeordneten informierte man über Pläne, den Zeitplan für die Arbeit im Februar radikal zu ändern. Im Verlauf des Monats und bis Anfang März wird es keinerlei regionale Wochen geben. Nur Plenartagungen. Version 1 – große Berge von Gesetzesvorlagen. Daher bleibt keine Zeit für Reisen in die Regionen zu den Wählern. Version 2 – irgendetwas Wichtiges werden der Präsident und die Regierung im Parlament einbringen, und daher müssen die Abgeordneten vor Ort bleiben. Version 3 – Wenn Begegnungen des Präsidenten mit den Chefs der Fraktionen in der zweiten Februar-Dekade geplant werden (vom 11. bis 14. Februar), so ist es nach dem 20. (Februar) durchaus möglich, dass man die Abgeordneten nicht in die Regionen lassen wird, da man sie doch im Kreml zur Jahresbotschaft zusammenholen kann“.

Allerdings schränkte er ein, dass dies „bisher nur eine analytische Rekonstruktion möglicher Ereignisse in den Februartagen im Parlament“ sei. Und in der Tat, der Duma-Ausschuss für das Reglement legt wie üblich keinerlei Erklärungen dafür vor, dass er den Abgeordneten vorschlägt, den Zeitplan für ihre Arbeit zu ändern. In den Dokumenten, die sich in der Datenbank der Staatsduma befinden, wird lediglich ausgewiesen, dass der Entwurf eines Beschlusses zu den Sitzungsergebnissen des Rates des Unterhauses vorbereitet worden sei. Dem gehören eigentlich die Fraktionschefs an. Und daher hätten konkrete Informationen über die Ursachen unter den Kollegen durchaus kursieren können, wenn sie vorgelegt worden wären. Somit ist an der Ochotnyj Rjad entweder das Regime eines völligen Schweigens verhängt worden, was durchaus möglich ist, oder das Kommando für eine baldigen Start ist nicht mehr als ein vorläufiges.

Daher gibt es bisher nur die Konstatierung einer Tatsache: Am 7. Februar wird die Staatsduma die regionalen Reisen Ende dieses und zu Beginn des kommenden Monats canceln, die Begegnungen mit Wählern werden auf die zweite Märzwoche verschoben. Alle Februar- und einige Märztage sollen vermutlich einer Tätigkeit in Moskau gewidmet werden. Werden dies aber zahlreiche Plenartagungen oder simpel eine Arbeit in den Ausschüssen sein, wird bisher nicht präzisiert. Dabei ist unschwer zu bemerken, dass ein Vergleich der zwei Zeitpläne klar ausweist: Am 20. Februar wären auch so die Abgeordneten vor Ort gewesen. Anders gesagt, es würde keinerlei Mühen machen, sie zur Jahresbotschaft an diesem Tag zusammenzuholen. Und folglich hängt alles mit den Tagen, die diesem Datum vorausgehen, oder – was wahrscheinlicher ist – mit den Tagen, die nach ihm folgen, zusammen.

Es sei daran erinnert, dass es bisher keine offiziellen Bestätigungen für die Behauptungen über die mögliche Verkündung der Jahresbotschaft am 20. Februar gegeben hat. Wie ausweichend auch immer jedoch diesbezüglich die Kommentare des Kremlsprechers sein mögen, so wird dies wahrscheinlich keine große Bedeutung haben. Jetzt wird entweder eine direkte Bestätigung dieses Datums für die Jahresbotschaft durch den Pressesekretär des Präsidenten, Dmitrij Peskow, oder der genaue Hinweis auf einen gewissen anderen Tag wichtig. Denn Mitte Dezember hatte es bereits einen derartigen Marathon eines Herumrätselns und gar des Nennens von Tagen für eine Verkündung der Jahresbotschaft gegeben. Allem nach zu urteilen, war wirklich etwas in den unteren Etagen der Machtvertikale geplant worden, doch der Präsident hatte dann offensichtlich nicht das Bereitschaftsregime bestätigt. Übrigens, in den letzten Tagen ist genau das Gleiche zu beobachten, wobei nicht bloß Internet-Ressourcen hinsichtlich der Verweise auf angeblich glaubwürdige Quellen miteinander konkurrieren, sondern auch die staatlichen Nachrichtenagenturen, bei denen derartige Mitteilungen ohne eine hochrangige Sanktionierung überhaupt nicht verbreitet werden können. Alles hängt damit zusammen, dass der 1. Jahrestag des Beginns der militärischen Sonderoperation Russlands in der Ukraine heranrückt, die in dieser Zeit mehrfach aus der Sicht ihrer Ziele in der einen oder anderen Richtung konkretisiert wurde. Begonnen hatte es, woran erinnert sei, mit einer Entnazifizierung und Demilitarisierung der heutigen Ukraine. Danach wurde der Schutz der Einwohner des Donbass und insgesamt der Bürger der Russischen Föderation in deren neuen Territorien – in den einstigen ukrainischen Regionen – zu einem vorrangigeren. In der letzten Zeit ist bei denen, die die Herrschenden unterstützen, die Rhetorik von „einem wahren Krieg Russlands gegen den kollektiven Westen“ immer populärer geworden. Endgültig formuliert hat Putin diesen Slogan während seines Auftritts in Wolgograd am 2. Februar: „Heutzutage sehen wir leider, dass die Ideologie des Nazismus – bereits in ihrem modernen Erscheinungsbild, in ihrer heutigen Erscheinung – erneut direkte Gefahren für die Sicherheit unseres Landes schafft. Wieder und wieder sind wir gezwungen, der Aggression des kollektiven Westens eine Abfuhr zu erteilen. Es ist unwahrscheinlich, aber eine Tatsache: Uns bedroht man erneut mit deutschen Leopard-Panzern (wobei Putin sich irrte und eigentlich Tiger-Panzer meinte – Anmerkung der Redaktion), an deren Fahrgestellen Kreuze sind. Und erneut schickt man sich an, gegen Russland auf dem Boden der Ukraine mit den Händen der Nachzügler Hitlers, mit den Händen von Bandera-Leuten zu kämpfen“. Und der Präsident der Russischen Föderation warnte im Zusammenhang damit jene, die beschlossen hätten, sich damit zu befassen. „Diejenigen, die die europäischen Länder, darunter auch Deutschland, in einen neuen Krieg mit Russland hineinziehen und umso mehr verantwortungslos dies als eine vollendete Tatsache erklären, diejenigen, die damit rechnen, einen Sieg über Russland auf dem Schlachtfeld zu erringen, die begreifen augenscheinlich nicht, dass ein heutiger Krieg gegen Russland für sie ein ganz anderer sein wird. Wir werden unsere Panzer nicht zu ihren Grenzen schicken. Wir haben aber etwas, womit wir antworten können. Und mit einem Einsatz gepanzerter Technik wird die Sache nicht ändern“, drohte Putin unverblümt an.

Es macht Sinn, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, dass dieses Thema am 5. Februar synchron die Chefin des Föderationsrates, Valentina Matwijenko, und der Vorsitzende der Staatsduma, Wjatscheslaw Wolodin, unterstützten. Zum Anlass war der 20. Jahrestag des Auftritts des damaligen US-Außenministers Colin Powell im UN-Sicherheitsrat mit einem gewissen Laborröhrchen geworden, in dem sich angeblich ein weißes Pulver als Beweis für den Einsatz von Massenvernichtungswaffen durch den Irak befunden haben soll. Die Vorsitzenden beider russischen Parlamentskammern bezeichneten dies als ein Verbrechen gegen die Menschheit, für das es keine Verjährungsfrist gebe und das auch zahlreiche blutige Kriege für ein alleiniges Dominieren des Westens ausgelöst hätte. Und es macht wohl kaum Sinn, diese Erklärungen von Matwijenko und Wolodin für eine Zufälligkeit zu halten. Auch wenn es keine formale Jahresbotschaft des Präsidenten an das Parlament geben sollte, so erwartet uns wahrscheinlich ein neuer Auftritt Putins darüber, dass Russland in einen gewissen neuen vaterländischen Krieg eintrete, da die beiden vorangegangenen, wie die patriotisch inspirierte Geschichte dem Volk lehrt, ebenfalls gegen vereinte äußere Kräfte geführt worden waren.