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Die USA können die Ukraine im Falle einer militärischen Zuspitzung verlieren


Eine militärische Nötigung Kiews zum Frieden und zu einer Neutralität könne sich für Russland als ein vernünftiges Szenario erweisen, meint man in Kiew. Russland werde in diesem Fall eine neue Portion Sanktionen bekommen. Aber die Verluste Washingtons würden wesentlicher sein als das fluchtartige Verlassen Afghanistans. Die Amerikaner würden verstehen, dass sie im Falle einer militärischen Zuspitzung die Ukraine verlieren und die Unfähigkeit demonstrieren würden, ihre „Satelliten“ zu verteidigen. „Mörderische“ Sanktionen gegen Russland würden Washington die Kommunikationswege mit Russland nehmen und Moskau zu einem engeren Bündnis mit Peking veranlassen, meint Ruslan Bortnik, Direktor des ukrainischen Instituts für Politik-Analyse und -Management.

Die NATO-Länder haben bereits bekanntgegeben, dass sie nicht für die Interessen der Kiewer Beamten kämpfen werden. Und dies bedeutet, dass Russland Kiew zu einer Neutralität mit militärischen Methoden nötigen kann, ohne dabei eine Niederlage durch die NATO-Länder zu riskieren.

„In den USA begreift man, dass sie, indem sie die Situation bis zum Ende führen, die Ukraine verlieren. Und man wird einen Schlag gegen das Ansehen erhalten“, meint der ukrainische Politologe. Gerade die Gefahr dieses Verlusts habe auch zu der Forderung der Amerikaner geführt, den Konflikt im Donbass mit diplomatischen und nicht mit militärischen Methoden zu lösen, erläutert Bortnik.

Militärische Handlungen auf dem Territorium der Ukraine werden sicherlich zu neuen schmerzhaften antirussischen Sanktionen führen. Im Moment der Bekanntgabe dieser „höllischen“ Sanktionen werden die USA jedoch die letzten Möglichkeiten verlieren, die Handlungen des Kremls zu beeinflussen. Und allein die Tatsache der Unfähigkeit oder des Unwillens der USA, ihre Verbündeten in der Ukraine zu verteidigen, werde für Washington ein genau solch strategischer Verlust wie die Flucht aus Afghanistan, erklärt der ukrainische Analytiker. Außerdem könne Peking die Zuspitzung des Konflikts um die Ukraine für eine endgültige Lösung zwecks Anschlusses von Taiwan ausnutzen.

Somit ist die russische Militäroperation für Washington ein eindeutiges Verliererszenario: Die USA verlieren den Einfluss auf Taiwan und in der Ukraine. Und ihre Ansprüche auf eine Führung in der Welt werden der Vergangenheit angehören.

Für einen der vernünftigen Auswege aus der ukrainischen Krise hält Bortnik eine Bestätigung der Neutralität und des blockfreien Status der Ukraine.

Nach den Gesprächen der Präsidenten Joseph Biden und Wladimir Biden wurden in der westlichen Presse Zweifel hinsichtlich der Notwendigkeit direkter militärischer Hilfe für Kiew laut. Und ein Teil der ukrainischen Politiker hat sich für die Unterstützung einer Neutralität ihres Landes ausgesprochen.

So hat die ukrainische Partei „Oppositionsplattform – Für das Leben“ am Sonntag vorgeschlagen, einen blockfreien Status der Ukraine zu bestätigen. „Die Entscheidung zugunsten einer Neutralität und einer blockfreien Politik hat vielen Ländern Europas und der Welt eine erfolgreiche, konfliktfreie Entwicklung und eine harmonische Partnerschaft mit den Nachbarn gesichert“, heißt es in einem entsprechenden veröffentlichen Dokument dieser Partei. Das Streben nach Neutralität war in der Deklaration über die staatliche Souveränität der Ukraine von 1990 festgeschrieben worden.

„Verantwortungslose Politiker haben jedoch das Land von den gestellten Zielen weggeführt. Zugunsten ideologischer Dogmen und momentaner Ambitionen war unter dem Regime von Poroschenko in die Verfassung der Ukraine die Norm über einen Beitritt zum militärpolitischen Block NATO geraten“, wird in der Erklärung der auch als moskautreu geltenden ukrainischen Partei betont.