Die am Donnerstag in Kirgisien zu Ende gegangenen gemeinsam mit der kollektiven schnellen Eingreiftruppe der Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit abgehaltenen Manöver „Rubesch-2021“ („Grenze-2021“ sind nicht ohne Kollisionen über die Bühne gegangen. In den offiziellen Ankündigungen war mitgeteilt worden, dass an ihnen auch die Streitkräfte Tadschikistans teilnehmen würden. Wie sich jedoch herausstellte, hatte es bei den Manövern keine tadschikischen Einheiten gegeben. Darüber informierten kirgisische Medien als erste, wobei sie sich auf Kirgisiens Vizeverteidigungsminister Nurlan Kireschejew beriefen. Derweil teilten Quellen in der Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit (OVKS) mit, dass bei den Manövern „Rubesch-2021“ von Tadschikistan eine operative Gruppe von Offizieren des Generalstabs zugegen gewesen seien.
In der Experten-Community ist man der Auffassung, dass die Missverständnisse überhaupt nicht mit dem Grenzkonflikt zwischen Grenzern Kirgisiens und Militärs von Tadschikistan im vergangenen April in einem Zusammenhang stehen würden.
Die Nichtteilnahme tadschikischer Einheiten sei durch die angespannte Lage an der Grenze mit Afghanistan verursacht worden. Tadschikistan ist das einziger aller an Afghanistan grenzenden Länder, das eine unversöhnliche Haltung gegenüber dem jetzigen Regime in Kabul, das vollkommen aus Kämpfern der Taliban-Bewegung (einer Bewegung, die in der Russischen Föderation als eine terroristische verboten ist) besteht, eingenommen hat.
Wie dieser Tage Tadschikistans Präsident Emomali Rahmon mitteilte, müsse man für die Lösung der politischen Probleme des Nachbarlandes „eine inklusive Regierung unter Beteiligung aller nationalen Minderheiten schaffen“. Die Tadschiken, die ungefähr 40 Prozent der afghanischen Bevölkerung ausmachen, sind nach den Paschtunen die zweitgrößte nationale Gruppe im Land am Hindukusch. In der Regierung der Taliban sind aber mit einer Ausnahme nur Paschtunen vertreten. Die nationalen Minderheiten haben in afghanischen Städten Massenprotestaktionen gegen das von der Taliban-Bewegung etablierte Ministerkabinett veranstaltet. Und in der Provinz Pandscher haben die Tadschiken unter der Ägide der Nationalen Widerstandsfront Afghanistans einen Kampf gegen Taliban-Einheiten organisiert. Der Sprecher der Front Ali Nasari teilte am 9. September mit, dass die Widerstandskräfte in Pandscher 60 bis 65 Prozent des Territoriums der Provinz kontrollieren würden.
Ob Tadschikistan in militärischer Hinsicht die Kräfte der Nationalen Widerstandsfront Afghanistans unterstützt, wird nicht berichtet. Dabei erklärte Außenminister Sirodschiddin Muhriddin am 8. September, dass die Taliban bei den Attacken gegen Pandscher Luftstreitkräfte aus „Drittländern“ eingesetzt hätten. Muhriddin sagte nicht, welche Länder den Taliban im Kampf gegen die Widerstandsfront helfen würden. Früher hatten aber indische Medien gemeldet, dass dies pakistanische Kampfhubschrauber und Drohnen gewesen wären, was Vertreter Pakistans bestreiten. Derweil wird in den sozialen Netzwerken berichtet, dass in Pandscher dieser Tage „gewisse Flugzeuge Positionen von Kämpfern der Taliban-Bewegung bombardiert haben“. Dabei sei angeblich eine verstärkte Aktivität von Flugzeugen der russischen Luft- und Kosmos-Streitkräfte der Russischen Föderation im Südteil von Tadschikistan registriert worden.
„Es wird interessant sein, ob Vertreter Pakistans zum Summit der Schanghai-Organisation für Zusammenarbeit nach Duschanbe Mitte September (am 16. September – Anmerkung der Redaktion) kommen werden“, erklärte der Militärexperte und Oberst im Ruhestand Schamil Garejew gegenüber der „NG“. „Für Islamabad ist es von Vorteil, dass die Paschtunen das gesamte Afghanistan kontrollieren. Eine ähnliche Position nimmt auch die Türkei ein. Augenscheinlich hält Ankara, das gute Beziehungen mit Taschkent unterhält, General Raschid Dustum, der sich laut einigen Angaben in Usbekistan niedergelassen habe und geschäftliche Beziehungen in der Türkei unterhalte, von Aktionen gegen die Taliban zurück“. Garejew betonte gleichfalls, dass „Moskau aus militärischer Sicht seine Verbündeten aus der OVKS, insbesondere Tadschikistan unterstützt“. „In der russischen Führung wird man aber wohl kaum jetzt einer inoffiziellen militärischen Zusammenarbeit mit der Nationalen Widerstandsfront Afghanistans zustimmen, wie dies seinerzeit mit dem Pandscher-Anführer Achmad Schah Massud der Fall war. Alles wird bei den Gipfeltreffen der OVKS und der Schanghai-Gruppe klar werden, die in der kommenden Woche in Duschanbe stattfinden werden“, vermutete Garejew.