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HIMARS verstecken sich hinter „Uragan“- und „Smertsch“-Systemen


Den erneuten Schlag gegen Cherson aus an die Ukraine gelieferten US-amerikanischen Mehrfach-Raketenwerfer-Systemen HIMARS, der in den Morgenstunden des 21. Juli erfolgte, haben die russischen Luftabwehr-Kräfte dieses Mal vollkommen abgewehrt. Die beiden hochpräzisen Komplexe, die regelmäßig die Region unter Beschuss nehmen, haben bereits einen ernsthaften Schaden zugefügt und stellen nach wie vor eine signifikante Gefahr dar. Dabei gab es im Arsenal von Kiew zwölf davon. Laut Medien-Angaben soll sich der Einsatz der Anlagen unter der vollkommenen Kontrolle westlicher Militärs befinden.

Zum Hauptziel der HIMARS wurde in den letzten Tagen die Antonow-Straßen- und Fußgängerbrücke, ein strategisch wichtiges 1366 Meter langes Brückenbauwerk über den Dnepr unweit von Cherson. Am 19. Juli erhielt die Brücke durch Raketentreffer vier Beschädigungen. Die erneute Salve vom 20. Juli war noch zerstörerischer. Von den 12 abgefeuerten Geschossen erreichten elf das Ziel, doch das Bauwerk hatte standgehalten. Am Donnerstag versuchte die Ukraine, die Brücke erneut zu beschießen. Dieses Mal aber wurden alle zwölf Raketen abgefangen. Am Vorabend war eine Verstärkung der Luftabwehr für die Brücke angekündigt worden, und es kursierten Gerüchte über die Verlegung einer Division von S-400-Luftabwehrraketenkomplexen von der Krim für diese Ziele.

Dennoch ist die Antonow-Brücke fast unbrauchbar geworden. Und im Falle erneuter Treffer kann sie einstürzen. Bis zum Abschluss der Instandsetzungsarbeiten werden nur der PKW- und der Personenverkehr über sie erlaubt sein, warnte man zuvor in der von Moskau etablierten Militär- und Zivilverwaltung des Verwaltungsgebietes Cherson. Der stellvertretende Verwaltungschef Kirill Stremousow betonte im russischen Staatsfernsehen, dass der Wiederaufbau des Objekts besondere Technologien aufgrund der schwierigen Konstruktionen erfordere. Für die Zeit der Reparaturarbeiten könne das Bauwerk gesperrt werden, räumte der prorussische Beamte ein. Da würden sie Pontonbrücken oder eine Fähre ersetzen. Neben der Antonow-Brücke gibt es im Verwaltungsgebiet nur noch eine Dnepr-Überfahrt, eine Straßenverbindung über den Damm das Wasserkraftwerks Nowaja Kachowka, 50 Kilometer von der Brücke entfernt. Der ist aber auch beschossen worden.

Der Ukraine sind zwölf HIMARS übergeben worden. Bald werde man weitere vier liefern, teilte zuvor Mark A. Milley, Vorsitzender des Vereinigten Generalstabs der Streitkräfte der Vereinigten Staaten, mit.

Laut Angaben einer Quelle der russischen staatlichen Nachrichtenagentur RIA Novosti in den Strukturen der Armee würden in der südlichen Richtung zwei Mehrfachraketenwerfer-Systeme handeln. Die anderen zehn seien bogenartig am Abschnitt der aktiven Kampfhandlungen im Donbass im Einsatz. Das russische Verteidigungsministerium meldete anfangs, dass drei HIMARS durch russische Hochpräzisionswaffen vernichtet worden seien. Jedoch dementierte Milley diese Behauptung aus Moskau, wobei er erklärte: „Zum heutigen Tag sind diese Systeme nicht durch die Russen vernichtet worden. Und ich klopfe jedes Mal auf Holz, wenn ich darüber spreche“. Dies wollte das russische Verteidigungsministerium jedoch nicht akzeptieren und ließ durch Ministeriumssprecher Igor Konaschenkow am Freitag verlauten, dass die russischen Militärs vom 5. bis einschließlich 20. Juli in der Ukraine gar schon vier HIMARS vernichtet hätten, wobei er zu jedem System konkrete Angaben über den Ort der Vernichtung machte. Und es war zu spüren, dass die russische Armee regelrecht Jagd auf diese für die Ukraine wichtigen Waffensysteme macht. Dementsprechend werden auch andere Informationen zu diesen Systemen durch Russlands Medien massiv verbreitet. Die Besatzungen der HIMARS würden aus NATO-Militärs bestehen, die aus dem regulären Truppenbestand ausgegliedert worden seien. Und sie würden durch mit dem Pentagon verbundene private Militärfirmen bewacht werden. Ja, und die Zielanweisungen würden über amerikanische Militärsatelliten erfolgen, behauptete ein Gesprächspartner der bereits erwähnten Nachrichtenagentur. Jeder Beschuss würde durch Salven „primitiverer“ Systeme, solcher wie „Uragan“ (deutsch: „Sturm“) oder „Smertsch“ (deutsch: „Wirbelsturm“) gedeckt werden, um die russische Luftabwehr mit Zielen zu sättigen und deren Munition zum Zeitpunkt des Einsatzes der HIMARS zu erschöpfen, erklärte die Quelle. Und gleich nach dem Abschuss würde die Anlage die Stellung wechseln, wobei sie nie zur vorherigen Position zurückkehre.

Der Verteidigungsminister der Ukraine, Alexej Resnikow, erklärte, dass Kiew im Rahmen der westlichen Militärhilfe mindestens 50 HIMARS für ein Stoppen des Vorrückens der russischen Truppen und mindestens 100 solcher Systeme für eine Gegenoffensive brauche. Außerdem bat er zu den Mehrfachraketenwerfer-Systemen um Geschosse mit einer größeren Reichweite – nicht nur von 80 km wie gegenwärtig, sondern mehr als 100 bis 150 km. Washington hat aber zu verstehen gegeben, dass es vorerst nicht bereit sei, diesen Wünschen entgegenzukommen. Laut Aussagen von Mark A. Milley würden die Verpflichtungen hinsichtlich der Lieferungen über 20 HIMARS mit Geschossen mit einer Reichweite von 80 km umfassen. Und „dies ist eine recht gute Reichweite“.

Solch eine Haltung erlaubt, sich von einer Eskalation fernzuhalten, da Moskau den gegenwärtigen Stand der amerikanischen Militärhilfe für Kiew nicht für ein Überschreiten der sogenannten roten Linien hält. Nach Meinung des Ausschussvorsitzenden für Verteidigung in der Staatsduma (des Unterhauses des russischen Parlaments – Anmerkung der Redaktion), Generaloberst Andrej Kartapolow (Kremlpartei „Einiges Russland“), müsse man nicht die HIMARS fürchten, „man muss sie bekämpfen“. „Das System ist ein ernsthaftes, es gibt aber ein Gegenmittel dazu. Dies sind unsere Mittel der Luftabwehr“, unterstrich er.