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Im Donbass erwartet man einen neuen Zustrom von Freiwilligen aus Russland


Die Ukraine hat die Offensiv-Gruppierung im Donbass und im Gebiet der Krim-Landenge (von Perekop) aufgestockt. Dass in der Region in der nächsten Zeit Kampfhandlungen wieder aufflammen könnten, erklären Analytiker und belegen auch indirekt die Warnungen Kanadas und einer Reihe anderer europäischer Länder, „Vorsicht bei Flügen über der Ukraine walten zu lassen“. Kiew bereitet sich auf die gemeinsamen Manöver mit der NATO „Defender Europe 2021“ vor. Und gegenwärtig übersteigt die Gruppierung der ukrainischen Truppen wesentlich das Potenzial der Kräfte der nichtanerkannten Donezker Volksrepublik und Lugansker Volksrepublik, die auf Hilfe aus Russland warten, unter anderem in Gestalt von Freiwilligen.

In der Russischen Föderation unterstreicht man, dass gegenwärtig ein Krieg mit der Ukraine für Moskau offenkundig unvorteilhaft sei. „Russland ist an keiner Konfrontation mit der ukrainischen Seite interessiert, umso mehr an einer militärischen…“, unterstrich beispielsweise dieser Tage der Vertreter des russischen Außenministeriums Andrej Rudenko. Politologen lenken das Augenmerk darauf, dass im Falle des Beginns eines offenen militärischen Konfliktes in Bezug auf Moskau härteste Sanktionen folgen würden, was die sozial-ökonomische Krise im Land verschlimmere. Es ist aber offensichtlich, dass sich Moskau auf einen möglichen Krieg oder bewaffneten Konflikt im Westen vorbereitet. Organisiert wurde eine „unverdeckte“ Verlegung russischer Truppen und einer großen Menge an Gefechtstechnik auf die Krim und zu den Grenzen des Donbass. Diese Truppenverlegung sei nach Einschätzungen von Experten für eine Demonstration der Kampfkraft der Streitkräfte der Russischen Föderation und deren Bereitschaft, die Interessen Russlands zu verteidigen, organisiert worden.

Wird aber solch eine „Demonstration“ das Kiewer Regime stoppen? Wie der ehemalige Verteidigungsminister der nichtanerkannten Donezker Volksrepublik Igor Strelkow meint, würden Kampfhandlungen im Südosten der Ukraine jeden Augenblick beginnen.

Der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij hatte sich nach dem Freitag-Telefonat mit dem US-amerikanischen Amtskollegen Joseph Biden offensichtlich sicherer gefühlt. Und die Erklärungen Selenskijs, wonach die ukrainische Armee „in der Lage ist, jedem beliebigen eine Abfuhr zu erteilen“, unterstreichen dies. Obgleich der Präsident der Ukraine dennoch nach der Sitzung des Rates für nationale Sicherheit und Verteidigung ein Ablenkungsmanöver unternahm. Selenskij erklärte, dass er bereit sei, „für eine Reintegration der zeitweilig okkupierten Territorien eine diplomatische Methode anzuwenden“. Dies passt nicht mit den Aussagen der USA zusammen, wonach die „amerikanische Seite im Zeitraum seit dem Jahr 2015 bis heute Kiew über zwei Milliarden Dollar Hilfe auf dem Gebiet der Sicherheit bereitgestellt hat“. Die genannten Summen wurden, wie üblicherweise gemeint wird, für militärische Projekte zum Zurückholen des Donbass unter die Kontrolle der Ukraine eingesetzt. Kiew und Washington haben regelmäßig Reports veröffentlicht, aus denen man erfahren kann, dass die amerikanische Hilfe mit Lieferungen von letalen Waffen, Militärschnellbooten, Schiffen, Aufklärungsmitteln und Mitteln für den funkelektronischen Kampf usw. für die Streitkräfte der Ukraine zusammenhing.

Von der Bereitschaft der Streitkräfte der Ukraine, Kampfhandlungen im Donbass zu beginnen, zeugt auch die Meldung des Pressezentrums des Stabs für die Operation der vereinigten Streitkräfte über Manöver von Panzerreserven der ukrainischen Streitkräfte im Lugansker Verwaltungsgebiet. Es sei angemerkt: Panzer sind Angriffswaffen. Zumal die Panzereinheiten entsprechend den Minsker Vereinbarungen von der Berührungslinie in der Konfliktregion des Donbass entfernt sein müssen. Kiew ignoriert dies aber augenscheinlich. In den sozialen Netzwerken teilen Nutzer aus der Ukraine und der Donezker Volksrepublik mit, dass „im Gebiet von Nikolajew eine Kampfkoordination der 57. gesonderten Mot.-Schützenbrigade erfolgt, die in der nächsten Zeit zur russischen Grenze aufbrechen soll. Und in Kramatorsk ist ein neuer Güterzug mit militärischer Fracht eingetroffen, darunter „vier Waggons mit 120-mm-Minenwerfer-Minen vom Typ TR (3-843 A) mit Phosphorladungen, deren Einsatz durch die Genfer Konvention verboten ist“. Nachts sind in Konstantinowka „zwei Züge mit Panzern und Selbstfahrlafetten der ukrainischen Streitkräfte eingetroffen“. Dies sind grob überschlagen rund 100 gepanzerte Fahrzeuge, was hinsichtlich der Gefechts- und zahlenmäßigen Zusammensetzung ein ganzes Panzerregiment ausmacht. Für eine Offensive sind dies sehr wichtige Waffen.

Strelkow lenkt die Aufmerksamkeit auch darauf, dass das Potenzial der im Donbass konzentrierten ukrainischen Truppen den Umfang der militärischen Formationen der nichtanerkannten Republiken DVR und LVR um das 4- bis 6fache übersteigen würde. Seiner Meinung nach, würden, wenn sich jetzt die Einheiten der ukrainischen Streitkräfte zu einer Offensive entscheiden würden, die Gefechte irgendwo unter „städtischen Bedingungen“ im Gebiet von Gorlowka, des zerstörten Donezker Flughafens oder an den Zufahrtswegen nach Lugansk abspielen. Obgleich dort die Kräfte der ukrainischen Streitkräfte laut objektiven Einschätzungen nicht weit in die Tiefe vordringen können, da man jegliche städtische Agglomeration (Ballungsgebiet) als ein einzelnes befestigtes Gebiet ansehen kann. Die Frühjahrsschlammperiode erlaubt den ukrainischen Truppen vorerst nicht, effektiv entlang der wüstenartigen Asow-Küste von Mariupol aus zu den russischen Grenzen vorzurücken. Aber bis Anfang Mai wird dieses von der Natur verursachte Hindernis für mögliche aktive Kampfhandlungen verschwinden.

Die Brisanz der Situation augenscheinlich gut verstehend, erklärte das Oberhaupt der DVR Denis Puschilin am Samstag, dass der Donbass Hilfe von Russland erwarte. Puschilin unterstrich, dass „die Zahl der Freiwilligen, die in den Donbass fahren wollen, in den letzten Tagen zugenommen hat. Darunter gibt es solche auch unter den Abgeordneten der Staatsduma“.

„Dies ist natürlich Propaganda. Real aber gibt es nicht wenige russische Menschen, und nicht nur aus Russland, die bereit sind, dem Donbass zu helfen“, meint der Militärexperte und Oberst Nikolaj Schulgin. Seiner Meinung nach können man die Erklärungen Puschilins „im Rahmen des Projekts betrachten, dass entsprechend den Vorlagen der russischen Politik, die auf eine Zügelung der aggressiven Bestrebungen Kiews ausgerichtet ist, realisiert wird“.

Derweil ist in den Aktionen Kiews das Bestreben auszumachen, eine „militärische Reintegration“ der Krim und des Donbass mit Unterstützung des Potenzials von Truppen der NATO und der USA durchzuführen. Wie der ukrainische Vertreter in der Trilateralen Kontaktgruppe für den Donbass, Alexej Arestowitsch, erklärte, seien die für Mai und Juni dieses Jahres geplanten NATO-Manöver „Defender Europe 2021“ für das Training eines Krieges gegen Russland nötig. Seinen Worten zufolge habe die Allianz bereits eine Verlegung von Kräften begonnen. „Der Hauptfokus liegt auf dem Balkan und der Krim und alles, was nördlicher der Krim ist. Dies sind offene Quellen. Keiner verheimlicht dies“, fügte Arestowitsch hinzu.

„Der Beginn der NATO-Manöver „Defender Europe 2021“ korreliert offenkundig mit den in Medien veröffentlichten vorläufigen möglichen Plänen Kiews, aktive Kampfhandlungen auf der Krim und im Donbass zu entfalten“, betont der Militärexperte und Oberst Schamil Garejew. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass Kiew den Hauptschlag gegen den Donbass im Mai, eventuell Anfang Juni führen wird“.