Präsident Wladimir Putin widmete seine neue Ansprache an das Volk den Folgen der Abstimmung zu den Verfassungsänderungen. Er bat am 30. Juni, die Änderungen zu unterstützen, die für eine stabile Entwicklung des Landes und eine lichte Zukunft des Volkes notwendig seien. Die Anzahl derjenigen, die bereits bis Dienstag abgestimmt hatten, überstieg 50 Millionen Menschen. Und neue Exit-Poll-Ergebnisse zeigten, dass die Anhänger der Änderungen bereits 78 Prozent ausmachen. Das heißt, die Putinschen 76 Prozent, die bei den Wahlen 2018 erzielt worden waren, sind sozusagen schon im Kasten. Die Aufgabe, erneut auf die damaligen 56,4 Millionen Stimmen zu kommen, ist jedoch bisher nicht gelöst worden.
Die Ansprache Putins wurde vor dem Hintergrund des neuen Monuments zur Erinnerung der in der Schlacht von Rshew Gefallenen vorgetragen. „Wir, ihre Erben, setzen diesen ununterbrochenen, tausendjährigen historischen Weg fort. Und wir wissen, dass, wenn wir zusammen sind, wir selbst in einer kritischen Situation den schwierigsten Aufgaben gewachsen sind“, unterstrich der Präsident.
Er erinnerte daran, dass er sich in der letzten Zeit bereits mehrfach an die Bürger Russlands zu unterschiedlichen Fragen gewandt hätte, jetzt aber beabsichtige, „dies erneut am Vorabend des Haupttages der Abstimmung zur Vornahme von Änderungen an der Verfassung unseres Landes zu tun“. Nach Aussagen Putins, werde die Abstimmung nicht einfach für irgendwelche Veränderungen sein, die so oder anders formuliert wurden, sondern für das Land – seine Gegenwart und Zukunft, die sich sowohl auf die vergangenen Errungenschaften als auch den Wunsch der Menschen, sich voran zu bewegen, gründen würden. Der Präsident ist der Auffassung, dass die Mehrheit der Einwohner Russlands etwa ein und dieselben Werte teilen würde. „Die Änderungen am Grundgesetz werden im Falle Ihrer Unterstützung diese Werte und Prinzipien als höchste und unbedingte Verfassungsgarantien verankern“.
Im Großen und Ganzen legen die Offiziellen ein weiteres Mal das Schwergewicht auf gewisse allgemein verständliche Änderungen, wobei auf maximale Weise die politische Bedeutung des ganzen Prozesses überschattet wird. Das Einzige, was Putin erneut wiederholte, ist sein Versprechen, den Willen der Menschen zu befolgen, von denen viele bereits abgestimmt hätten, wie er betonte. Jedoch ist, erklärte der Präsident, „der 1. Juli der Haupttag der Abstimmung. Ich bitte Sie, liebe Freunde, Ihr Wort zu sagen. Die Stimme eines jeden von Ihnen ist das Wichtigste, das Hauptsächlichste“. Übrigens, Putin selbst gab seine Stimme auch am 1. Juli ab.
Und auch ohne ihn kommen vom Prinzip her schon nicht wenige Stimmen zusammen. Die Zentrale Wahlkommission der Russischen Föderation berichtete ab den Morgenstunden des 30. Juni vom Erreichen einer (erforderlichen) Beteiligung und tatsächlich von einer Beteiligung von beinahe 50 Millionen Menschen. Wenn am Dienstag und am Mittwoch, dem eigentlichen Abstimmungstag, nicht jeweils 10 Millionen, sondern etwas mehr dazugekommen sind und dazukommen, so ist das Übertreffen der 70-Millionen-Marke durchaus möglich.
Dabei sind laut den neuen Exit-Poll-Angaben etwas mehr als 76 Prozent für die Veränderungen bereits zusammengekommen. Das heißt, der Wert Putins von 2018 ist erreicht worden. Damals jedoch, am 18. März, hatte er in realen Zahlen 56,430 Millionen Wählerstimmen bekommen. Und die Aufgabe, diesen Erfolg zu wiederholen, wird nunmehr allem Anschein nach unter anderem auch durch die neue Ansprache gelöst.
Vom Prinzip her aber, wenn natürlich das Gesamtergebnis der Abstimmung an die 80 Millionen herankommt, wird auch die Zahl von vor zwei Jahren rasant übertroffen. Freilich merkte der Pressesekretär des Präsidenten, Dmitrij Peskow, vorsichtig an, dass man es im Kreml vorerst vorziehen würde, nicht über die endgültigen Zahlen der Beteiligung nachzudenken. Den Abschluss des Plebiszits verfolgen aufmerksam auch die Autoren gesellschaftspolitischer Telegram-Kanäle. Der Kanal „Die Maus im Gemüse“ (https://t.me/kbrvdvkr) hebt die Unbeständigkeit der politischen Gegner der Änderungen hervor, insbesondere der Kommunisten. „Was haben sie in den letzten Monaten nicht alles an Positionen eingenommen. Das Kamasutra kann man nach ihnen zeichnen. Zuerst waren sie für die Änderungen. Dann fingen sie an, dagegen zu agitieren. Nachdem sie sahen, dass wenigen Nein-Stimmen zusammenkommen, gingen sie zu aufgrund ihrer Unverbindlichkeit herrlichen Formulierung „stimme mit dem Herzen ab“ über“. „Putin begann die Ansprache früher als versprochen und bittet, an der Abstimmung teilzunehmen. Das ist der Fall, bei dem die Tatsache der Übertragung 30 Minuten vor dem angekündigten Beginn an sich wichtiger ist als das Gesagte“, konstatiert der Kanal „Heizhaus“ (https://t.me/boilerroomchannel). „Solch starker Auftritt des Präsidenten wird zweifellos noch Millionen Bürger morgen in die Abstimmungslokale bringen“ war sich der Autor des Kanals „Maester“ (https://t.me/maester) sicher.