Die Sängerin Manizha (Manischa Sangin) wird Russland beim diesjährigen Eurovision Song Contest, der im Mai in Rotterdam geplant ist, vertreten. Am 8. März hatte sie in einer Livesendung des Ersten Kanals den nationalen Vorentscheid mit dem Lied „Russian Woman“ („Die russische Frau“) gewonnen, nachdem sie bei der Zuschauerabstimmung auf 39,7 Prozent der Stimmen gekommen war.
Neben Manizha hatten sich für eine Teilnahme am ESC für Russland das Duett „#2Maschas“ und die Gruppe „Therr Maitz“ beworben (nach einer undurchsichtigen Vorauswahl seitens des TV-Senders – Anmerkung der Redaktion).
Leider muss konstatiert werden, dass der Sieg von Manizha bei vielen im russischen Internet negative Emotionen ausgelöst hat. Man schreibt, dass die Melodie des Songs „Russian Woman“ keine sei. Ja, und der Text und die Erscheinung der Interpretin auf der Bühne seien beleidigend. Man schreibt, dass eine Parodie auf die russische Frau gewonnen habe. Wieso wolle man in Gestalt irgendeiner Solocha (eine Hexe in der Erzählung „Die Nacht vor Weihnachten“ von Nikolai Gogol – Anmerkung der Redaktion) nach Europa – mit etwas Unverständlichem auf dem Kopf (einem Tuch über einem Turban?) und in einem Overall (Jumpsuit) mit der Aufschrift „Russian Woman“ auf dem Rücken. Anzutreffen ist auch ganz und gar Kränkendes, wie zum Beispiel die Unterschrift zum Video des Liedes „Wenn bei der Hochzeit die angesäuselte Freundin der Braut Karaoke zu singen beginnt“. Und der eine oder andere ruft sogar dazu auf, „sich die Mühe zu machen, in die ESC-Gruppe auf YouTube zu gehen und unter unserem Clip ein Dislike zu posten“.
Aber besonders unangenehm ist der Strom der fremdenfeindlichen Kommentare zu dem Thema. „Was, hat man keine Russen gefunden?“. Aber warum kann eigentlich keine aus Tadschikistan stammende Frau, die seit dem 3. Lebensjahr in Moskau lebt, Russland bei dem europäischen Wettbewerb repräsentieren?
Obgleich ein breites Publikum Manizha auch mehr aufgrund ihres Wirkens im Internet und durch Musik-Videoclips auf Instagram kennt, kann man aber ganz bestimmt nicht sagen, dass sie nicht singen kann. Nach Erhalt einer musikalischen Ausbildung hat sie als Minderjährige bei zwei oder drei internationalen Wettbewerben gewonnen. Bis heute hat sie zwei Alben herausgebracht („Manuscript“, als dessen wichtigste Komposition „Der Leuchter“ gilt, und „ICH/IAM“, auf dem „Mama“ zum Hauptsong wurde).
Der Hauptteil des Liedes „Russian Woman“ für den ESC erklingt auf Russisch, und nur der Refrain – auf Englisch. Natürlich, die Zeilen in der Art von „Jede russische Frau ist verpflichtet zu wissen“ (hahaha) oder „Du bist stark genug, um jegliche Mauer einzureißen“ (jehjehjeh) – kann man nicht als besonders poetische und eingängige bezeichnen. Sie erinnern eher an Rap-Gesangslinien. Aber das Lied ist absichtlich als ein brisant soziales und feministisches geschrieben worden, welches sich dem Problem der Ungleichheit der Geschlechter zuwendet. Die aktive soziale Haltung von Manizha ist bekannt. Sie unterstützt die LGBT-Bewegung und Opfer häuslicher Gewalt, befasst sich mit karitativer Tätigkeit und ist Botschafter der Stiftung „Schenke Leben“ (gegründet unter anderem durch die bekannte russische Schauspielerin Tschulpan Chamatowa – Anmerkung der Redaktion), die Kindern mit schweren (insbesondere onkologischen) Erkrankungen hilft. Und jüngst ist sie zum ersten russischen Botschafter des guten Willens der UN-Flüchtlingsagentur ernannt worden.
Das europäische politkorrekte Publikum, für das Toleranz und der Kampf gegen Sexismus an erster Stelle stehen, sollte offenkundig unsere Manizha würdigen und liebgewinnen!
Dieser Tage war die 29-jährige Sängerin Gast der TV-Late-Night-Show „Abendlicher Urgant“, in der sie erzählte, dass das Lied „Russian Woman“ vor einem Jahr in Israel (auch mit Hilfe der Israelis Ori Avni und Ori Kaplan) an nur einem Tag geschaffen worden war. Es handelt von der Urgroßmutter, einer der ersten Frauen in Mittelasien, die den Parandscha (den traditionellen islamischen Körperschleier, von Frauen in Verbindung mit dem Tschatschwan getragen – Anmerkung der Redaktion) abgelegt hatte. Ja, und sehr überzeugend erklangen aus dem Mund von Manizha zwei Aussagen: „Ich hasse Wettbewerbe!“ und „Ich werde alle zerfetzen!“ – so überzeugend, dass der Moderator Ivan Urgant scherzte, dass, wenn sie dies noch einmal so sagen würde, man sie als Expertin für die politische Talk-Show „Die Zeit wird es zeigen“ nehmen würde.