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Nawalnys Stab erklärte den 14. Februar zum Tag des heiligen Alexej


Die Anhänger von Alexej Nawalny nehmen die Proteste zur Verteidigung des Oppositionellen ab 14. Februar wieder auf. Wie der Koordinator der Stäbe Leonid Wolkow erklärte, werde es für die Vertreter der Sicherheitsorgane schwer werden, die Aktion zu unterbinden, die in Form eines Flashmobs erfolgt, bei dem gleichzeitig die Menschen für 15 Minuten mit eingeschalteten Mobiltelefon-Lampen auf die Straßen kommen. Vorgesehen ist, etwas in der Art eines „Tages des heiligen Alexej“ durchzuführen, worauf selbst die passivsten Viewer von investigativen Untersuchungen auf YouTube reagieren sollen.

„Der Stab von Nawalny schlägt den Einwohner der großen russischen Städte vor, am Abend des 14. Februar, genau um 20.00 Uhr eine einfache Sache zu tun. Kommen Sie in den Hof. Schalten Sie die Lampe am Mobiltelefon an, heben sie es hoch und bleiben Sie so einige Minuten stehen“, teilte Wolkow (der übrigens seit Mittwoch auf der GUS-Fahndungsliste steht – Anmerkung der Redaktion) in einem Interview für „MBCh Media“ mit.

Somit hat er die vorherige Entscheidung vom 4. Februar, sich Protestaktionen bis mindestens zum Frühjahr zu enthalten, außer Kraft gesetzt. In diesem Fall trat Wolkow als ein wahrer Fortsetzer der Sache Lenins sowie anderer Theoretiker und Praktiker von „Volksaktionen“ gegen die Herrschenden auf. Vor mehr als einem Jahrhundert hatte sich in Russland gerade die Bolschewiken unter der Führung ihres Anführers als Taktik-Genies gezeigt, indem sie die einen oder anderen Losungen entsprechend des aktuellen politischen Moments formulierten oder fallen ließen. Eine maximale taktische Flexibilität im Verlauf von Straßenaktionen empfehlen gleichfalls die unterschiedlichen Anleitungen für die berüchtigten bunten Revolutionen zu demonstrieren. Da gibt es auch viele Ratschläge zur „Verwandlung des Protests in einen Karneval“, was bereits die heutigen sozialen Medien fordern. Es sei daran erinnert, dass vor noch nicht allzu kurzer Zeit die weißrussischen Oppositionellen Flashmobs mit Taschen- und Mobiltelefonlampen durchgeführt haben.

Bezeichnend ist, wem Wolkow das Recht zur Erstveröffentlichung seiner spektakulären Erklärung eingeräumt hat. „MBCh Media“. Dies ist eine Internet-Informationsressource des Gründers der Bewegung „Offenes Russland“ Michail Chodorkowskij. Der Ex-Oligarch hatte vor noch kurzer Zeit ernsthafte Beanstandungen hinsichtlich der Aktionen und Erklärungen von Nawalny. In der letzten Zeit tritt aber Chodorkowskij voll und ganz auf seiner Seite auf. Unterstützung finden jegliche Anstrengungen der Nawalny-Anhänger zur Erschütterung des Regimes – sowohl die innenpolitischen als auch die internationalen, darunter das Lobbyieren westlicher Sanktionen gegen alle Gruppierungen in der nächsten Umgebung von Präsident Wladimir Putin.

Später erläuterte Wolkow auf seinen Netzwerk-Accounts ausführlich alle Bestandteile der neuen Absicht des Nawalny-Stabs. Die Hauptlosung des Flashmobs am 14. Februar ist: „Liebe ist stärker als Angst“. Da an diesem Tag auch die Bürger Russlands inoffiziell den Valentinstag begehen, ist ihnen vorgeschlagen worden, in dieser Bezeichnung allein nur den Namen auszutauschen. Und da ergibt sich ein Tag des heiligen Alexej und natürlich seiner Ehefrau Julia (die am Mittwoch das Land in Richtung Deutschland verlassen hat – Anmerkung der Redaktion). „Die Idee zur Aktion hat uns Alexej Nawalny gegeben, als er im Gerichtssaal ein kleines Herz für Julia zeigte. Und die Petersburger haben noch eine Eingebung gegeben, die am 31. Januar die gesamte Gorochowaja-Straße ausgefüllt und Telefone mit eingeschalteten Lampen hochgehoben hatten“, betonte Wolkow.

Das in die Höfe-kommen ist für 20.00 Uhr geplant. Und die Aktion wird um 20.15 Uhr enden. „Es wird keinerlei OMON und keinerlei Angst geben. Möglicherweise wird es Ihnen scheinen, dass diese 15 Minuten nichts ändern werden. Tatsächlich aber werden sie alles verändern.“ Wolkow erläuterte offen heraus, dass sich das Verhältnis von Millionen passiver Viewer der investigativen Nachforschungen von Nawalny auf YouTube zu ändern beginnen müsse, die scheinbar den Nichteinverstanden mitfühlen, aber befürchten, mit Unannehmlichkeiten mit den Behörden konfrontiert zu werden. Jetzt beabsichtigen die Nawalny-Vertreter scheinbar, ihnen zivile Aktivitäten mit Homöopathie-Methoden – mit für die Gesundheit ungefährlichen kleinen Dosierungen – beizubringen.

Was aber die Konsequenzen und Folgen der Aktion vom 14. Februar angeht, so machte Wolkow aus deren rein propagandistischen Charakter keinen Hehl. Im Ergebnis solch einer Aktion kommen Millionen von Nawalny-Anhängern zusammen: „Sie heben Ihre Telefone mit den eingeschalteten Lampen hoch — und irgendwer bringt vielleicht auch Kerzen mit – und bilden aus ihnen, sagen wir einmal ein kleines Herz. Sie fotografieren es von oben, aus einer der Wohnungen und posten es auf Instagram. Sollen doch die sozialen Netzwerke durch tausende solcher leuchtender Herzen und aus Dutzenden von russischen Städten ausgefüllt werden!“.

Der Pressesekretär des Präsidenten, Dmitrij Peskow, erklärte kurz auf die Frage antwortend, was die Rechtsschutzorgane mit solch einer Aktion machen könnten: „Wir werden mit keinem ein Katz-und-Maus-Spiel spielen, doch all unsere Rechtsschutzorgane werden im Falle einer Gesetzesverletzung die Schuldigen unbedingt zur Verantwortung ziehen“. Die Akteure der Staatspropaganda schickten sich operativ an, die Tagesordnung abzuarbeiten, wobei sie erläuterten, dass die Nawalny-Vertreter jegliche Ereignisse des Tages der Verliebten den Protestaktivitäten zuschreiben wollen.

Nicht unbemerkt blieben sowohl die neue Etappe der „Weißrussifizierung“ der Aktionen zur Unterstützung von Nawalny als auch der Übergang seiner Anhänger zu den Lehrhilfen für orangene Revolutionen. Es lohnt hervorzuheben, dass es besser wäre, sich nicht darüber lustig zu machen, als vielmehr sich dessen zu erinnern, dass die Technologien für ein direktes Wirken nur dann zum Einsatz kommen, wenn das eine oder andere Regime, das zu Fall gebracht werden soll und muss, selbst beginnt, das Gleichgewicht zu verlieren.

Eine Diskussion hinsichtlich der Vorschläge der Opposition hat unter Autoren von Telegram-Kanälen begonnen. „Wenn man sich die zig Millionen Sichtungen auf YouTube anschaut und die nur ganzen paar hundert Leute, die auf die Straßen kommen, kann der Eindruck entstehen, dass bei Nawalny alles gut im Internet ist. Doch aus irgendeinem wenig zu verstehenden Grund konvertieren sich die Sichtungen nicht in Straßenaktivitäten“, schreibt „Meister“ (https://t.me/maester). „Tatsächlich ist die Agitationsarbeit da gefloppt, und die Offiziellen schlafen derweil nicht und werben Anhänger an. Und jene Eltern werden unbedingt erfahren, dass Wolkow aufruft, ein Harry-Potter-Massen-Cosplay am 14. Februar zu veranstalten. Die Sichtungen werden zunehmen, doch die Erwachsenen werden nur nirgendwohin mit Mobiltelefonlampen hingehen, dafür aber obendrein kontrollieren, dass die Kinder in dieser Zeit zu Hause sitzen und Hausaufgaben erledigen“.

„Dieses Vorhaben hat nur einen Wert. Es ist unmöglich, weder den Massencharakter zu übersehen noch zu bewerten“, vermuten die Autoren des Kanals „Gedanken laut ausgesprochen“ (https://t.me/mysly).

„Vom Prinzip her können da recht viele sein (und herauskommen). Aber nicht dafür, dass man zuerst den Leidenden empfangen und dann eingesperrt hat. Sondern wegen Anlässen, die unmittelbar vor Ort aktuell sind — aufgrund eines eigenen lokalen wunden Punktes oder einer eigenen Person. Oder als eine Variante, wenn die eigenen Leute rufen, die vor Ort zumindest irgendeine Autorität genießen“, konstatiert „Adäquat“ (https://t.me/politadequate).