Unabhängige Zeitung

Private Tageszeitung

Russland bereitet Reserven für die zweite Etappe der „Sonderoperation“ vor


Die russische Armee beginnt Kontroll-Manöver, die jedes Jahr im April-Mai zu den Ergebnissen der Winterausbildungsperiode abgehalten werden. Heutzutage sind solche Manöver auch noch mit der Vorbereitung zur Durchführung der zweiten Etappe der von Präsident Putin am 24. Februar befohlenen militärischen Sonderoperation in der Ukraine verbunden. Freilich, der Situation nach zu urteilen, werden die Truppen nicht nur im Osten und Südosten agieren, sondern auch im Süden des Nachbarlandes. Im Südlichen Militärbezirk der Russischen Föderation werden Kontroll-Manöver organisiert, bei denen die neuen Reserven, die für die Fortsetzung der militärischen Sonderoperation bestimmt sind, Gefechtsfertigkeiten trainieren und vervollkommnen werden.

Auf dem Truppenübungsplatz Nikolo-Archangelskij haben Einheiten für funkelektronischen Kampf des Mot.-Schützenverbands der 49. Allgemeinen Armee des Südlichen Militärbezirks, die in der Verwaltungsregion Stawropol disloziert sind, bereits eine ganze Reihe von Aufgaben erfüllt.

„Das Kommando hat beschlossen, moderne Störsender der Komplexe „Borisoglebsk-2“ und „Shitel“ („Einwohner“) einzusetzen, die die Navigation blockieren und Drohnen des angenommenen Gegners unschädlich machten“, meldet der Pressedienst des Militärbezirks. Die Bedeutung des Einsatzes funkelektronischer Kampfmittel ist bereits mehrfach im Verlauf der Kampfhandlungen in der Ukraine demonstriert worden. In Vielem gerade dank diesen Mitteln wurden, wie aus offiziellen Daten zu ersehen ist, mehrere hundert Luftabwehrraketen und Drohen der Streitkräfte der Ukraine vernichtet. Daher sind die Manöver der Einheiten für den funkelektronischen Kampf im Vorfeld der neuen Etappe der Sonderoperation recht aktuell. Wie die „NG“ bereits meldete, hatte Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu am vergangenen Dienstag erklärt, dass die Hauptaufgaben der ersten Etappe der Sonderoperation in der Ukraine bereits erfüllt worden seien und jetzt anstehe, „die Hauptanstrengungen“ auf die Handlungen im Donbass zu konzentrieren.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass in dieser Etappe auch taktische Fallschirmjäger für das Einkreisen der Gruppierungen der ukrainischen Streitkräfte im Donbass aktiver eingesetzt werden. Den offiziellen Angaben nach zu urteilen, sind augenscheinlich mit diesem Ziel im Südlichen Militärbezirk für das Training eines Zusammenwirkens von Armeehubschraubern mit Mot.-Schützen-Einheiten der allgemeinen Armeen die Manöver organisiert worden. „Eingesetzt werden Transport- und Kampfhubschrauber vom Typ Mi-8 AMTsch für ein Verlegen taktischer Fallschirmjägereinheiten aus Mot.-Schützen-Einheiten und der Marineinfanterie. Die Sicherheit der Luftkorridore bei den Übungen werden die Besatzungen von Kampfhubschraubern des Typs Mi-28N und Ka-52 sowie von Transport- und Kampfhubschraubern des Typs Mi-35 gewährleisten“, heißt es in einer offiziellen Mitteilung des Südlichen Militärbezirks. Betont wird, dass bei solchen Manövern über 150 Hubschrauber der Armee-Fliegerkräfte zum Einsatz kommen werden.

Der Militärexperte und Generalleutnant im Ruhestand Jurij Netkatschjow sagte der „NG“, dass man aus den offiziellen Mitteilungen des Verteidigungsministeriums über die Manöver im Süden der Russischen Föderation das Wichtigste begreifen könne: „Erstens, Russland rechnet bei der Lösung der Aufgaben im Donbass nicht in starkem Maße mit jenen Kräften, die aus dem Raum Kiew nach Weißrussland und danach in die Russische Föderation verlegt werden. Zweitens belegen die im Süden gebildeten Reserven der Russischen Föderation, dass man in der Führung des Verteidigungsministeriums nicht vorhat, die militärische Sonderoperation einzustellen oder auszusetzen, wie dies irgendwer nach den russisch-ukrainischen Verhandlungen in Istanbul gedacht hatte“.

Indirekt werden solche Schlussfolgerungen des Experten auch durch andere Meldungen bestätigt. Der offizielle Pentagon-Sprecher John Kirby teilte Journalisten mit, dass „Russland weniger als 20 Prozent der Kräfte, die früher um Kiew konzentriert gewesen waren, umverlegte“. Dabei betonte er, dass Moskau – wie erwartet werde – sie neu ausstatten und die Vorräte für eine weitere Neudislozierung auf dem Territorium der Ukraine auffüllen werde, ohne die Militärs nach Hause zurückzuholen. Amerikanische Medien meldeten unter Berufung auf Angaben der militärischen Aufklärung des Pentagons, dass russische Truppen am Mittwoch Ziele am Stadtrand von Kiew und in Tschernigow beschossen hätten, das einen Tag nach dem erfolgte, als Moskau ein Herunterfahren der Militäroperationen um beide Städte angekündigt hatte. Und im Westen bezeichnete man dies als einen „Trick“, der für eine Neugruppierung der russischen Streitkräfte demonstriert wurde.

„Ich kann nicht die offiziellen Erklärungen des Verteidigungsministeriums der Russischen Föderation über eine Reduzierung der militärischen Aktivitäten bei Kiew als Unwahrheit oder militärische List bezeichnen“, meinte General Netkatschjow. „Die Amerikaner wollen das sehen, was sie sehen wollen. Sie brauchen keinen Sieg Moskaus und keine Vernichtung des Militärpotenzials der Ukraine. Daher werfen sie Russland aggressive Bestrebungen vor und pumpen weiterhin das Kiewer Regime mit Waffen voll“. Der Experte lenkte das Augenmerk darauf, dass eine ukrainische Delegation in Washington weilte, die dem US-Kongress eine Liste dessen übergab, was Kiew besonders brauche. „Dort gibt es 17 Punkte. Es besteht die große Wahrscheinlichkeit, dass die Amerikaner diesen Bedürfnissen nachkommen werden, denn viele im Kongress unterstützen Kiew. Dies kann das Militärpotenzial der Streitkräfte der Ukraine stärken, die Kampf- und Jagdflugzeuge aus russischer Produktion vom Typ Su-25, Artilleriesysteme, Luftabwehr-Raketenkomplexe und Schiffsabwehrraketen brauchen“.

Der General erinnerte daran, dass bereits Anfang März 2022 die Zeitung 2The Wall Street Journal“ meldete, dass die Vereinigten Staaten die Perspektiven eines Vertragsabschlusses prüfen würden, in dessen Rahmen Polen Flugzeuge aus sowjetischer Produktion im Gegenzug für US-amerikanische F-16-Kampfjets an die Ukraine liefern werde. „ich werde nicht überrascht sein, wenn dies so auch geschehen wird, wenn die russischen Truppen dies physisch nicht verhindern. Es ist schwer, Kampfflugzeuge bei einer Verlegung über die Grenze hinweg auf das Territorium der Ukraine zu verbergen. Die Reserven der ukrainischen Streitkräfte kann man jedoch durch Panzer auffüllen, durch andere gepanzerte Technik und Luftabwehrmittel, die man bei einem Transport mit Lastzügen leicht als einen humanitären Konvoi maskieren kann“, betonte Netkatschjow.

Der Experte erinnerte auch an eine Meldung der Zeitung „The Times“, in der es hieß, dass Großbritannien die Lieferung von selbstfahrenden Artilleriekomplexen des Typs AS erörtere, und möglicherweise auch von englischen Challenger-2-Panzern. „Die Medien schreiben, dass sich Großbritanniens Verteidigungsminister Ben Wallace bereits angeblich zu diesem Thema geäußert habe, wobei er die Übergabe britischer Panzer an die ukrainischen Streitkräfte angesichts der Schwierigkeit der Beherrschung dieser Technik durch ukrainische Besatzungen als eine sinnlose bezeichnet hätte. Die Briten können aber eine andere Variante finden, indem sie diese, ihre gepanzerte Technik an Polen oder Rumänien übergeben und diese im Gegenzug von dort modernisierte sowjetische T-72-Panzer in die Ukraine schicken“, denkt Netkatschjow. Er erinnerte daran, dass Sloweniens Premierminister Janez Janša dieser Tage eine Unterstützung für die Idee zur Entsendung von S-300-Luftabwehrsystemen in die Ukraine signalisierte hätte, „da dies gerade das ist, was Kiew braucht“. Über eine ähnliche Variante hatten auch Vertreter der Slowakei gesprochen, die bereit waren, Kiew ihren einzigen sowjetischen S-300-Luftabwehr-Raketenkomplex in der Hoffnung darauf zu übergeben, dass das Land von den Niederlanden und Deutschland „Patriot“-Komplexe aus US-amerikanischer Fertigung bekommen wird.