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Russland bereitet zeitweilige Blockade ukrainischer Häfen vor


Während Moskau und Minsk in Weißrussland die gemeinsamen operativen Manöver „Unionsentschlossenheit-2022“ begonnen haben, werden im Schwarzen und im Mittelmeer nicht weniger großangelegte Manöver der Seestreitkräfte der Russischen Föderation vorbereitet, die eine Woche lang abgehalten werden. Den Beginn der aktiven Trainings- und Gefechtshandlungen sowie Raketen- und Artillerie-Schießübungen von Schiffen der Seestreitkräfte in der Region des Asowschen und des Schwarzen Meeres erwartet man in den nächsten Tagen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass in der gleichen Zeit im Mittelmeer eine Gruppierung aus russischen U-Booten und den Kreuzern des Projekts 1164 „Marschall Ustinow“, „Warjag“ und „Moskau“ Manöver durchführen wird, was die Zufahrt zu den Dardanellen blockiert und das Verlegen von Schiffen der US- und NATO-Seestreitkräfte ins Gebiet des Schwarzen Meeres behindern kann.

Auf einer Reihe von Nachrichtenportalen und in den sozialen Netzwerken werden Informationen verbreitet, dass die Seestreitkräfte der Russischen Föderation laut einer angeblich von Moskau verbreiteten Mitteilung für die Zeit der Abhaltung der Manöver einige Regionen im Bereich des Asowschen und des Schwarzen Meeres sowie die Meerenge von Kertsch schließen würden. Behauptet wird, dass solche Einschränkungen ab den Abendstunden des 12. Februar gelten und bis 21.00 Uhr (UTC) des 19. Februar andauern würden. Westliche Massenmedien und Experten sagen bereits seit einigen Monaten einen baldigen Einmarsch von Truppen der Russischen Föderation in die Ukraine voraus. Und es wird angenommen, dass, wenn etwas Derartiges passiere, Schiffe der 6. Flotte der USA und Seestreitkräfte der NATO-Länder über die Meerengen des Schwarzen Meeres in die Gewässer der Republik verlegt werden könnten, um ihr Unterstützung zu gewähren. Russlands Ständiger Vertreter bei der UNO in Genf, Gennadij Gatilow, teilte am Donnerstag ein weiteres Mal mit, dass „Russland keine Pläne hat und hatte, um in die Ukraine einzufallen“.

Vor diesem Hintergrund hält man in Kiew dies für besorgniserregend, dass die russischen Seestreitkräfte für sechs Tage praktisch das Asowsche Meer und die Meerenge von Kertsch, aber auch den nordwestlichen Teil des Schwarzen Meeres vollkommen sperren, wobei sie eine 12-Meilen-Grenzzone entlang der ukrainischen Küste belassen. Bisher hat es keine offiziellen Dementis, Kommentare oder Mitteilungen seitens der russischen Seite zu diesem Thema gegeben. Ukraine Experten betonen, dass in den von der Russischen Föderation eingerichteten „„gesperrten Gebieten“ keine Korridore für eine Passage von Handelsschiffen vorgesehen wird“. Für Seekriegsschiffe – umso mehr.

Der Chefredakteur des Internetportals BlackSeaNews Andrej Klimenko vermutet, dass die die Einschränkungen einer „Seeblockade ukrainischer Häfen“ ähnele, obgleich dies eine Übertreibung ist. Ukrainische und andere ausländische Schiffe können sich frei entlang der maritimen 12-Meilen-Grenzzone, die am ukrainischen Territorium angrenzt, bewegen. Wie die Schifffahrt in der Meerenge von Kertsch vorgenommen wird, teilt die russische Seite augenscheinlich nicht mit.

Im Frühjahr vergangenen Jahres hatte Russland auch erhebliche Bereiche des Schwarzen und des Asowschen Meeres für die Abhaltung von Manövern gesperrt. Damals hatten jedoch Handelsschiffe ungehindert die Meerenge von Kertsch passiert. Bewaffnete Störfälle wurden nicht beobachtet, obgleich zu jener Zeit aus der Kaspi-Region über den Wolga-Don-Kanal eine Gruppe von Militärschiffen und Gefechtsschnellbooten der Kaspi-Flottille (über zehn Schiffe) ins Asowsche Meer verlegt wurden. Nunmehr wird der russischen Schwarzmeerflotte eine umfangreichere Unterstützung seitens Gruppierungen der Seestreitkräfte geleistet. Im Schwarzen Meer sind dieser Tage sechs große Landungsschiffe der Nordmeer- und der Baltischen (Ostsee-) Flotte eingetroffen. Entsprechend den Normativen sind sie in der Lage, in ein Manövergebiet insgesamt bis zu zwei taktische Bataillonsgruppen von Marineinfanteristen mit der entsprechenden Technik zu bringen. Wie Medien berichten, werde aus dem Mittelmeer das Eintreffen mehrerer U-Boote und der Fregatten „Admiral Grigorowitsch“ und „Admiral Kasatonow“ im Schwarzen Meer erwartet. Letztere kann „Zirkon“-Hyperschallraketen in der Bewaffnung haben, die eventuell im Verlauf der geplanten Manöver der Schwarzmeerflotte getestet werden. Es sei angemerkt: Die Gesamtzahl der Schiffe und U-Boote der Schwarzmeerflotte beträgt laut offiziellen Angaben etwa 70 Stück.

„An die Konzentration solch einer einmaligen Marinegruppierung in der Region des Schwarzen Meeres hinsichtlich der Anzahl der in ihr zum Einsatz kommenden Schiffe mit Offensivwaffen in der postsowjetischen Zeit kann ich mich nicht erinnern“, kommentierte für die „NG“ Oleg Schwedkow, Vorsitzender des ZK der Gesamtrussischen Gewerkschaft der Militärangehörigen und Kapitän 1. Ranges im Ruhestand, die Situation. „Und die Entfaltung auch noch einer Formation aus sechs großen Landungsschiffen dort verleiht den Manövern den Status einer Demonstration von Stärke. Dazu kommen die Manöver in Weißrussland. Russland zeigt die Bereitschaft, auf militärische Art und Weise die NATO und vor allem die USA zu zwingen, die Drohungen aufzugeben, die im Ergebnis der „ukrainischen Krise“ zunehmen. Es erfolgt ein Nervenkrieg. Dies ist gefährlich, denn eine Provokation oder unvorsichtige Handlungen von jeglicher Seite aus – den ukrainischen Nationalisten, den Streitkräften der Ukraine oder der Miliz der (nichtanerkannten – „NG“) „Donezker Volksrepublik“ – können zu katastrophalen Folgen führen, das heißt zum Beginn realer Kampfhandlungen“.

Die USA, Großbritannien und einige andere Länder der Allianz liefern der Ukraine Waffen letaler Art und Munition. Und praktisch abgeschlossen ist die Verlegung US-amerikanischer Soldaten nach Polen und Rumänien. Dabei erklärte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Donnerstag, dass die Allianz auch die Möglichkeit einer Stationierung von Kampfgruppen in Rumänien, im Bereich des Schwarzen Meeres prüfe. Nicht vollends klar ist, wozu dies getan wird. Rund 1000 amerikanische Soldaten sind nach Rumänien verlegt worden, wo sich bereits ein USA-Kontingent in einer Stärke von über 900 Mann befindet. Und 2000 Soldaten aus den Vereinigten Staaten sind nach Polen verlegt worden. Aber dort gibt es bereits rund 5.000 Militärs des Pentagons. Es schien, dass man in Washington eine mögliche Involvierung von Einheiten der US-Streitkräfte in Polen und Rumänien für eine Evakuierung amerikanischer Bürger vom Territorium der Ukraine andeutete. (Doch Truppen würden nicht auf benachbartes Territorium verlegt werden.) Wozu aber so viele Truppen für eine so geringe Aufgabe dort konzentriert worden sind, ist unklar.

„Von den USA und der NATO kommen Erklärungen, wonach ihre Truppen nicht an möglichen Kampfhandlungen in der Ukraine teilnehmen werden. In Rumnänien und Polen sind schon amerikanische Militärkontingente. Aber man verstärkt sie, und Einheiten werden näher zur ukrainischen Grenze stationiert. Wozu? Um einen möglichen Flüchtlingsstrom aufzuhalten? Daran müssen aber Friedenstruppen und keine Kampfeinheiten und Fallschirmjäger, die nach Polen und Rumänien verlegt wurden, teilnehmen“, urteilt der Militärexperte Oberst Nikolaj Schulgin.