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Russland und Ägypten senden per Militärmanöver der Türkei ein Signal


Russland und Ägypten haben am Dienstag das gemeinsame Flottenmanöver „Freundschaftsbrücke-2020“ im Schwarzen Meer begonnen. Dies sind die ersten gemeinsamen Übungen der Seekriegsflotten beider Länder in dieser Region. Laut Informationen des russischen Verteidigungsministeriums werden sie „im Interesse der Sicherheit und Stabilität“ abgehalten. Die Kriegsschiffe Ägyptens können sich gemäß der Konvention von Montreux (vom 20. Juli 1936 – Anmerkung der Redaktion) maximal 21 Tage im Gebiet des Schwarzen Meeres aufhalten, und ihre Aktionen werden einen eingeschränkten Charakter tragen. 

Im Manöververlauf werden die Seestreitkräfte beider Länder Aufgaben erfüllen, die mit der Gewährleistung der maritimen Sicherheit nicht so sehr im Schwarzen als vielmehr im Mittelmeer zusammenhängen. Dabei wird die Situation in Libyen berücksichtigt. Im Ergebnis der Unterzeichnung eines Memorandums zu Fragen der Sicherheit und Schifffahrt zwischen Ankara und dem libyschen Nationalen Übergangsrat in Tripoli im November vergangenen Jahres wurden Wirtschafts- und geopolitische Interessen Ägyptens und anderer Länder des Östlichen Mittelmeers tangiert. Es wird die Auffassung vertreten, dass Ägypten und andere arabische Länder, aber auch die Russische Föderation und Frankreich Feldmarschall Chalifa Haftar unterstützen, der die Libysch-nationale Armee kommandiert, die wiederum in Konfrontation zum Nationalen Übergangsrat steht. In Libyen besteht de facto eine Doppelherrschaft. Und beide sich gegenüberstehenden Seiten befinden sich im Zustand eines Bürgerkrieges. Der Nationale Übergangsrat in Tripoli und die Libysch-nationale Armee, die den Nordosten und Süden des Landes kontrolliert. Der Waffenstillstand, der im vergangenen Oktober erreicht wurde, ist ein sehr zerbrechlicher, und ein Neubeginn der militärischen Phase des Konflikts ist nicht auszuschließen. 

Den eintreffenden Informationen nach zu urteilen, hat die Flottengruppierung Ägyptens, bestehend aus der Fregatte „Alexandria F911“ (Oliver Hazard Perry-Class), der Korvette 2El Fateh 971“ (Gowind-class) und des Raketenschnellbootes „M. Fahmy 686“ (Ezzat class), am Sonntag ungehindert die von der Türkei kontrollierten Dardanellen und den Bosporus in nördlicher Richtung passiert und die Fahrt gen Noworossijsk fortgesetzt. Die ägyptischen Schiffe trafen bereits am Montag im Bereich des Manövers ein, das vom 17. bis 24. November abgehalten wird. 

Das Verteidigungsministerium weist darauf hin, dass im Verlauf der Manöver „die taktischen Gruppen von Kriegsschiffen der Schwarzmeerflotte der Seestreitkräfte Russlands und der Seestreitkräfte Ägyptens mit Unterstützung von Fliegerkräften gemeinsame Aufgaben zum Schutz von Seewegen vor unterschiedlichen Gefahren lösen“ und „die Organisierung alle Arten des Schutzes und der Verteidigung auf See mit Raketen- und Artillerieschießen“, „die Entfaltung von Kräften zur Organisierung von Nachrichtenverbindungen und Ergänzung der Vorräte auf See, aber auch die Kontrolle verdächtiger Schiffe trainieren werden“. Angemerkt sei, dass die Kriegsschiffe der Seestreitkräfte Ägyptens, die nach Russland entsandt wurden, aber auch die Gruppierung der Seestreitkräfte Russlands, bestehend aus der Fregatte „Admiral Makarow“, dem kleinen Raketenträger „Orechowo-Sujewo“, dem Patrouillenschiff „Dmitrij Rogatschjow“ und dem Rettungsschlepper „Nikolaj Muru“, die für die gemeinsamen Übungen zum Einsatz kommt, all diesen Parametern vollkommen entsprechen. 

Es ist kein Geheimnis, dass im Frühjahr und Sommer aus der Türkei militärische Hilfe für den Nationalen Übergangsrat auf dem Seeweg nach Libyen organisiert wurde, die nicht nur Waffen umfasste, sondern auch syrische Söldner. Die Seeblockade für solch eine Unterstützung seitens einer Reihe interessierter Länder erzielte keine ausreichende Wirkung. Die Regierenden Ägyptens beschlossen im Juni dieses Jahres, der Libysch-nationalen Armee militärische Hilfe zu gewähren. Konkret auf welche Art und Weise, wurde nicht mitgeteilt. Und die Frage einer Teilnahme Kairos an der Beilegung des libyschen Konflikts bleibt eine offene.

Wie der Militärexperte, Oberst a. D. Wladimir Popow meint, habe Ägypten in den letzten fünf bis sechs Jahren nach dem Machtantritt von Präsident Abdel Fatah al-Sisi das Militärpotenzial erheblich verstärkt, darunter auch das der Seestreitkräfte. „Kairo hat vier relativ moderne U-Boote vom Typ 209/1400 deutscher Fertigung, aber auch zwei Anlandungsschiffe vom Typ Mistral und die Fregatte FREMM von Frankreich erworben. Auch sind über 40 russische Kampfflugzeuge vom Typ MiG-29 gekauft worden, die in der Lage sind, an Seegefechten teilzunehmen“, betont der Experte.

Nach Meinung von Professor Tarek Fahmy von der Kairoer Universität seien die begonnenen Seemanöver der Russischen Föderation und Ägyptens ein ausdrucksvolles Signal für die Türkei, die ihre kolonialen Ambitionen hegt. Es könne auch als ein Zeichen aus Moskau dienen, wonach man den Türken nicht erlauben würde, in für den Kreml wichtige geopolitische Bedeutung besitzende Regionen einzudringen“. Nach Aussagen von Fahmy „senden die Manöver ein präventives Signal zur Zügelung der Türkei oder jeglichen anderen Landes, das die nationale Sicherheit Ägyptens bedroht. Außerdem sollen sie als eine Erinnerung daran dienen, dass die ägyptische Armee im 19. Jahrhundert vor den Toren Istanbuls gestanden hat und bereit ist, die erneut zu tun“.

Es sei angemerkt, dass Russland und Ägypten schon seit mehreren Jahren in Folge auf regulärer Grundlage gemeinsame Manöver durchführen. Die ersten Manöver „Freundschaftsbrücke“ in der Geschichte der Seekriegsflotten beider Länder wurden im Juni des Jahres 2015 im Mittelmeer abgehalten. Im November vergangenen Jahres erfolgten die Manöver „Freundschaftsschießen —  2019“ von Einheiten der Luftabwehr beider Länder, und etwas früher haben in Russland Einheiten der russischen Luftlandetruppen ägyptische Luftlandesoldaten im Bestand taktischer Luftlandeeinheiten bei den Manövern „Verteidiger der Freundschaft – 2019“ zu agieren geschult.