Russland ist zum offiziellen Anschieben und Entwickeln einer neuen Wirtschaftsbranche – der Herstellung von unbemannten Flugsystemen – bereit. Das Sortiment der vorhandenen Apparate ist praktisch ein vollständiges. Und die Muster befinden sich durchaus auf dem Niveau der internationalen Spitzenleistungen. Und einige Sachen würden sie sogar übertreffen, erklärte am Sonntag Russlands 1. Vizepremier Andrej Beloussow in Nowosibirsk.
Nach seinen Worten seien bereits alle föderalen Vorhaben des neuen nationalen Projekts „Unbemannte Flugsysteme“, das die Regierung entsprechend einem Auftrag des Präsidenten der Russischen Föderation bis zum 1. September bestätigen soll, strukturiert worden. „Dies ist ein recht schwieriges Prozedere. Wir müssen noch mit dem Finanzministerium zur Bestimmung der Finanzierungsquellen arbeiten. Da ergeben sich recht große Geldsummen“, sagte Beloussow, wobei er dennoch die Hoffnung bekundete, dass es gelingen werde, rechtzeitig das Budget zu bestätigen. Die Finanzierung des neuen nationalen Projekts für die Jahre 2024-2026 wird laut einer vorläufigen Schätzung des Vizepremiers rund 300 Milliarden Rubel erfordern. Davon 48 Milliarden Rubel für das Jahr 2024, ca. 117 Milliarden Rubel für das Jahr 2025 und 148 Milliarden Rubel für das Jahr 2026.
Beloussow betonte, dass während der zwei Tage seiner Arbeit in Nowosibirsk viele zusätzliche Vorschläge für eine Aufnahme in das nationale Projekt, das Subventionen und steuerliche Vergünstigungen zur Unterstützung der Unternehmen der Branche vorsieht, vorgestellt worden seien. Geplant sei die Erfassung von Unternehmen und nicht nur der Top-Hersteller, sondern des gesamten Systems der Kooperation der sogenannten Investitions- und Cluster-Plattform. Dies ist ein spezieller Komplex von Steuervergünstigungen und Bonussen in Bezug auf die Sozialbeiträge, die gegenwärtig durch das Ministerium für Industrie und Handel ausgearbeitet und zur Wirkung gebracht werden“, berichtete Beloussow. Außerdem werde nach seinen Worten ein separates System von Vergünstigungen für kleine Technologie-Unternehmen, das heißt für Start-Ups vorgesehen.
Der 1. Vizepremier erzählte, dass das nationale Projekt aus fünf föderalen Vorhaben bestehe. Der erste Teil sei einer Konsolidierung der Nachfrage gewidmet. „Für den Hersteller muss eine garantierte Nachfrage geschaffen werden. Und die Grundlage dieser Nachfrage ist ein staatlicher ziviler Auftrag, vor allem seitens der föderalen Behörden und Unternehmen mit einer staatlichen Beteiligung, die auf die eine oder andere Art und Weise unterstellt sind, diesen Behörden untergeordnet sind. Zweitens – seitens der Subjekte der Russischen Föderation“, sagte Beloussow. Dieser Teil der Nachfrage werde entsprechend dem Prinzip eines zentralisierten Auftraggebers entwickelt. Und zur konsolidierenden Kraft dieser Nachfrage werde das staatliche Leasing-Transport-Unternehmen. Dabei unterstrich Beloussow, dass nicht die Schaffung eines einheitlichen nationalen Operators für eine Regulierung des Einsatzes von Drohnen vorgesehen sei.
Die zweite Richtung ist eine zentrale, sie ist mit der Herstellung bzw. Produktion verbunden. Hinsichtlich der Fertigung ziviler Drohnen soll Russland im kommenden Jahr auf einen Stand von 18.000 großen und mittelgroßen Apparaten kommen, teilte Beloussow mit, wobei er betonte, dass die Zahl nicht die Drohnen mit einer Masse von weniger als einem Kilogramm, von denen es zehntausende geben werde, berücksichtige. Der Vizepremier nannte solche Zahlen: „Die erste Schicht bzw. Ebene ist mit den Mutter-Herstellerbetrieben verbunden. Wir haben um die 70 Hersteller, von denen rund 20 große sind. Die zweite Schicht, die mit einer Kooperation verbunden ist, sind die Hersteller von Bauteilen, die dritte Schicht sind jene, die mit einer Entwicklung von Technologien verbunden sind“, sagte er.
Die dritte Richtung des nationalen Projekts ist mit einer regulierenden Funktion verbunden. Durch sie wird noch ein Teil der Nachfrage gestaltet. Nach der Landwirtschaft, in der ab Herbst geplant ist, eine Bearbeitung der Felder aus der Luft mit Hilfe von Drohnen zu erlauben, werden gleichfalls Normen für einen Einsatz von Drohnen beim Monitoring von Wäldern – unter anderem für das Feststellen von Brandherden – und für die Bedürfnisse der staatlichen Agentur Rosregister ausgearbeitet, erläuterte der 1. Vizepremier.
„Buchstäblich am Freitag haben wir eine sehr wichtige Etappe hinsichtlich der Herausgabe von regulierenden Veränderungen bezüglich des Einsatzes von Drohnen in der Landwirtschaft bewältigt. Dort ist endlich ein Konsens zwischen allen föderalen Machtorganen erreicht worden, damit bereits im Herbst Drohnen im Rahmen eines juristischen Experiments in zwölf Regionen eingesetzt sowie nützliche Agrarchemikalien für das Gedeihen der Ernte ausgebracht werden können“, betonte der 1. Vizepremier (der sprachlich freilich das Thema überhaupt nicht zu fassen wusste – Anmerkung der Redaktion).
Die vierte Richtung sind die Kader, das Personal. Russland brauche in der Anfangsetappe bei der Realisierung des nationalen Projekts „Unbemannte Flugsysteme“ mindestens 100.000 Fachleute für den Einsatz von Drohnen, ausgehend von der Formel: eine registrierte (angemeldete) Drohne – ein Operator, teilte am Vorabend Andrej Dobrjakow, stellvertretender Leiter der Aufsichtsbehörde für Luftfahrt Rosaviazia, mit. „Laut ungefähren Schätzungen gibt es bereits über 100.000 durch Rosaviazia angemeldete Drohnen. Dementsprechend sind wir der Auffassung, dass man gegenwärtig von einem Verhältnis von eins zu eins ausgehen muss. Ja, und bereits in diesem Jahr brauchen wir 100.000 Drohnen-Steuerkräfte, damit das nationale Projekt gestartet wird“, sagte er.
Die fünfte Richtung des nationalen Projekts ist ein intellektueller Vorlauf für die Zukunft. In Russland sind unbemannte Flugsysteme des Flugzeugtyps mehr als Copter (Hubschrauber) gefragt. Vorerst wird aber das Schwergewicht gerade auf die hubschrauberartigen Drohnen gelegt, meint Andrej Klepatsch, Chefökonom von VEB.RF sowie Leiter des Expertenrates für die Diversifizierung des Rüstungsindustriekomplexes und Importsubstitution bei der Regierungskommission für Importsubstitution. „Ich denke, dass die Flugtechnik perspektivreicher ist. Obgleich, wenn man sich die Road-Map anschaut, die heutzutage ausgearbeitet wurde, es meines Erachtens doch einen zu großen Hang in Richtung gerade der Hubschraubertechnik gibt“, sagte er in Nowosibirsk. Als die perspektivreichsten Richtungen für den Einsatz unbemannter Flugsysteme nannte Klepatsch die Fernerkundung der Erde, eine chemische Bearbeitung aus der Luft und die Zustellung von Frachtgütern.
Damit die Projekte einen konkurrenzfähigen Service darstellen, sei es sehr wichtig, die realen perspektivischen Kosten eines Fluges zu begreifen, meint Klepatsch. Nach seinen Berechnungen seien dies, wenn man über eine Zustellung von Frachtgütern spricht, für die Flugtechnik und für die Drohnen 15 bis 40 Kopeken je Kilogramm Frachtgut und für einen Kilometer. Und um die 10.000 Rubel, wenn von einer Flugstunde gesprochen wird. Ein Einsatz von Drohnen für eine Zustellung von Frachtgütern könne, meint Klepatsch, in den nördlichen Regionen, in der Arktis perspektivreich sein, aber auch bei einer Beförderung von Frachtgütern nach China. Er betonte gleichfalls, dass sich die gegenwärtig aufgegebenen Flugplätze für Kleinflugzeuge als nützliche erweisen könnten, die man für unbemannte Systeme nutzen könne. „Dies kann um das 3- bis 4fache den Umfang der Frachtgutströme bis zum Jahr 2025 verändern. Und umso mehr bis zum Jahr 2030“, sagte Klepatsch. Dafür seien aber kompliziertere Apparate mit einem Einsatzbereich von 300 bis 1000 Kilometern und einer Beförderungsleistung von 300 Kilogramm und mehr nötig.
Russland besitzt sehr solide Traditionen auf dem Gebiet der Entwicklung unbemannter Flugtechnik, ein großes wissenschaftliches und Produktionspotenzial. Doch die bereitzustellenden Mittel sind einfach gewaltige. Mit ihnen wird man zweifellos einen Industriezweig schaffen können. „Es besteht jedoch die Gefahr, dass die Offiziellen in dieser Arbeit das Schwergewicht nur auf die großen Hersteller legen werden. Und die Armee der privaten Erfinder, von denen einige schon heute einmalige Arbeitsmuster demonstrieren, bleibt in der Gewalt von alles möglichen Vermittlern, die finanziell absahnen werden“, sagte der „NG“ Iwan Andrijewskij, 1. Vizepräsident des Russischen Ingenieurverbands und Vorsitzender des Direktorenrates des Engineering-Unternehmens „2K“.