Am 7. April hat die Staatsduma (das Unterhaus des russischen Parlaments – Anmerkung der Redaktion) in dritter Lesung zwei Änderungen zum Gesetz über die Wahlen gebilligt. Wie auch die „NG“ geschrieben hatte, wird die Wahlgesetzgebung nur punktuell korrigiert. Das Eilverfahren bei der Annahme von Gesetzen ist nun einem besonnenen Ausbessern gewichen. Die „ausländischen Agenten“ aller Couleurs, das heißt die außerparlamentarische Opposition, verwandelt man in ein Schreckgespenst für das Elektorat, und den System-Parteien macht man ein Geschenk – 15 garantierte Abgeordnetenplätze. Ein gutes Beispiel für ein Patchwork-Gesetzesschaffen ist die Erlaubnis für die Beamten auf der Krim und in Sewastopol, das Verbot aus der Verfassung hinsichtlich einer Verbindung mit anderen Staaten nicht einzuhalten.
Die Geburtshelfer der Verfassung vom 4. Juli vergangenen Jahres – Senator Andrej Klischas und der Staatsduma-Abgeordnete von der Kremlpartei „Einiges Russland“ Pawel Krascheninnikow – unterzeichneten die gesetzgeberische Initiative, die die Wirkung einer der Neuerungen des russischen Grundgesetzes aushebelt. Es geht darum, dass die Beamten von der Krim und aus Sewastopol nicht unter die Norm der Nationalisierung der politischen Elite fallen.
Es sei daran erinnert, dass die Änderung über das Verbot für die Vertreter dieser Elite, irgendeine Beziehung zu einer ausländischen Jurisdiktion – die Staatsbürgerschaft eines anderen Staates, eine Aufenthaltserlaubnis in ihm und anderes – zu haben, zu einer der am meisten propagierten geworden war. Die entsprechenden Änderungen werden bald auch an allen geltenden Rechtsakten der Russischen Föderation vorgenommen. Es hatte sich jedoch ein Problem mit der Krim ergeben, aber auch mit den nichtanerkannten Gebieten im Osten der Ukraine – der Donezker und der Lugansker Volksrepublik -, wo es jetzt auch bereits viele russische Staatsbürger gibt, die theoretisch nach einer Einreise ins Land auf ein Amt im Staatsdienst oder auf irgendwelche Wahlfunktionen Anspruch erheben können.
Letztlich wurde entschieden, nur für die Beamten von der Halbinsel eine Ausnahme zu machen. Klischas und Krascheninnikow haben für sie eine gewisse spezielle Kategorie von Staatsbürgern eingeführt. So ist es in der Gesetzesvorlage ausgewiesen worden: „Der Staatsbürger der Russischen Föderation, der auf dem Territorium der Russischen Föderation als ein Staatsbürger anerkannt worden ist, der keine Staatsbürgerschaft eines ausländischen Staates hat, dabei aber entsprechend der Gesetzgebung der Ukraine ein Staatsbürger der Ukraine ist, ist berechtigt, staatliche und kommunale Funktionen sowie Ämter des Staats- und kommunalen Dienstes zu bekleiden“.
Was dies für Staatsbürger sind, wird im Artikel 4 des Verfassungsgesetzes über die Aufnahme der Krim in die Russische Föderation erklärt, in das im Grunde genommen auch die Norm über die Einschränkung der Geltung der neuen Bestimmung der Verfassung eingefügt wird. Dabei muss man anmerken, dass die von Klischas und Krascheninnikow ausgedachte Formulierung wie eine Anerkennung des Problems aussieht, das gerade die Ereignisse vom März des Jahres 2014 hervorgebracht hatten, zum Beispiel die Beibehaltung eines mittelbaren juristischen Einflusses auf die Halbinsel durch die Ukraine.
Dennoch haben wir es mit einem lehrbuchartigen Beispiel einer Flickwerk-Gesetzgebung zu tun, allerdings an einem streng bestimmten Ort. Schließlich fallen doch die Einwohner des Donbass mit russischen Pässen nicht unter dieser Ausnahme aus der Verfassung.
Noch ein weites Feld für punktuelle juristische Korrekturen ist die Wahlgesetzgebung, die man vor Beginn der föderalen Kampagne dieses Jahres nicht grundlegend verändern möchte. Vor allem weil man geringe normative Flickarbeiten weitaus operativer vornehmen kann.
Dies demonstrierte die Staatsduma-Sitzung vom 6. April. Nur am Morgen dieses Tages hatten die Abgeordneten die Möglichkeit erhalten, sich mit den Änderungen zur zweiten Lesung der Initiative zwecks Zuweisung eines besonderen Kandidatenstatus für „ausländische Agenten“ unterschiedlicher Art bekanntzumachen. Wie die „NG“ bereits betont hatte, besteht die Hauptidee darin, dass diese „ausländischen Agenten, denen bevorsteht, zuerst Vertreter der außerparlamentarischen Opposition zu werden, solch eine Anzahl von Etiketten, Aushängeschildern und Aufklebern erhalten, dass sie sich für das Elektorat in ein Schreckgespenst verwandeln. Am anschaulichsten ist in dieser Hinsicht solch eine verabschiedete Änderung: Der Hinweis darauf, dass der Kandidat entweder ein „ausländischer Agent“ an sich oder eine mit solch einem affiliierte Person ist, gleich nach dem Vatersnamen dieses Kandidaten in jeglichen Dokumenten folgen muss. Und nur in jenen Fällen, in denen der Kandidat eine nicht aufgehobene oder nicht getilgte Vorbestrafung hat, wird diese Information zu einer vorrangigeren. Aber der Verweis auf den Status eines „ausländischen Agenten“ muss auf jeden Fall beispielsweise vor der Parteizugehörigkeit des Kandidaten erfolgen.
Die Sorge um eine solch einseitige, wenn nicht gar tendenziöse Informiertheit der Wähler hatte im Sitzungssaal der Staatsduma nur eine Frage ausgelöst, genauer gesagt eine empörte Anmerkung. Der LDPR-Abgeordnete Sergej Iwanow interessierte sich, warum denn die Duma-Mehrheit nicht möchte, dass hinsichtlich einer Reihe von Kandidaten Angaben über deren Abstimmungsverhalten beispielsweise zur Unterstützung der im Land mehr als umstrittenen Rentenreform gemacht werden. Das heißt, er verteidigte nicht die „ausländischen Agenten“, sondern warf „Einiges Russland“ vor, dass sie die Gesetze ihren Interessen anpasse. Unterstützung hat Iwanow nicht gefunden, im Übrigen auch nicht unter den Kollegen aus der parlamentarischen Opposition. Möglicherweise lag dies daran, dass „Einiges Russland“ für eine Verlängerung des gesamten föderalen Teils der Parteilisten von zehn auf 15 Plätze votiert hatte. Und dies ist eine gewisse Garantie für die Duma-Opposition dahingehend, dass das Überwinden der 5-Prozent-Sperrklausel einen automatischen Einzug der gesamten Parteispitze in das Unterhaus bedeutet.