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Trotz COVID-19: Moskauer Bolschoi-Theater mit neuer Welturaufführung


Auf der Neuen Bühne des Moskauer Bolschoi-Theaters sind vom 1. bis 5. Dezember die ersten Aufführungen der Weltpremiere des Balletts „Der Meister und Margerita“ zu erleben. Der rumänisch-stämmige Choreograf Edward Clug verwirklich hier seinen langjährigen Traum – eine Inszenierung nach dem Kultroman von Michail Bulgakow.

Der Wunsch, seine Interpretation von „Der Meister und Margarita“ auf die Ballettbühne zu bringen, hatte den Choreografen nach eigenen Worten schon lange verfolgt. Er hatte das Sujet dem Deutschen Christian Spuck, dem Ballettchef am Züricher Opernhaus, vorgeschlagen. Der hatte aber unter Verweis auf soziologische Untersuchungen abgelehnt: Den Roman Bulgakows kenne man in Europa praktisch nicht. „Wie?! Dies ist doch der russische „Faust“!“ erwiderte der Choreograf. „Nun, dann inszeniere auch den „Faust““, hatte Spuck angeboten. An der Idee von „Der Meister und Margarita“ hatten sich aber Machar Wasijew und Irina Tschernomurowa – der Ballettchef und die Leiterin der Abteilung für perspektivische Planung des Bolschoi-Theaters – festgeklammert. Moskau sei eine andere Sache. Hier verlösche nicht das Interesse für den Roman, der erst ab 1966 in Moskau veröffentlicht wurde. Was im Übrigen die Praxis beweist. Der Regisseur Michail Lokschin dreht den Spielfilm „Voland“ (der im nächsten Jahr in den Verleih kommen soll). Und buchstäblich einige Tage nach den Aufführungen im Bolschoi-Theater wird im Theater der Nationen der berühmte kanadische Regisseur Robert Lepage eine Premiere von „Der Meister und Margarita“ vorstellen (am 9. Dezember).

Beim Sprechen über seine Inszenierung betont Edward Clug, dass er auf keine buchstäbliche Widerspiegelung des Bulgakow-Textes Anspruch erhebe. Dies sei Sache des Films und des Schauspieltheaters, wo es die Möglichkeit gebe, einen Text zu sprechen. Seine Aufgabe sei es aber, die Atmosphäre zu vermitteln, Emotionen, Bilder, wobei verständlicherweise die mehrschichtige dramatische Handlung des Romans nicht ignoriert werde. Eine der Aufgaben, die er gestellt hatte, war, einen geeigneten Raum zu konzipieren. Und den hatte der Choreograf in der eigenen Vergangenheit erkundet. Die wichtigste Sehenswürdigkeit der rumänischen Kleinstadt, wo er aufgewachsen war, war ein Schwimmbad, das in den Nachkriegsjahren gebaut worden war. In der Umgebung eines verwaisten Schwimmbeckens erfolgt auch die Handlung seiner Arbeit. Und die zahlreichen Türen, von wo die Helden auftauchen werden, sollen augenscheinlich den Wechsel des Blickwinkels markieren. Bereits danach erfuhr Clug vom einst bekanntesten Schwimmbad Moskaus, das am Ort der vor genau 90 Jahren gesprengten Christus-Erlöser-Kathedrale errichtet wurde (etwa auch in jenen Jahren, in denen die Hauptfassung des Romans abgeschlossen worden war). Und diese Tatsache hatte natürlich die Gewissheit hinsichtlich der Richtigkeit der szenischen Lösung verstärkt.

Was die Musik des Balletts angeht, so hat sich der Choreograf vom Konzert für Klavier und Streicher (Concerto Grosso Nr. 1 für zwei Violinen, Cembalo, Präpariertes Klavier und Streicher) von Alfred Schnittke leiten lassen. Einzelne Erforscher des Werkes von Schnittke sehen in diesem Konzert ein faustianisches Programm (überhaupt war dieses Thema dem Komponisten ein nahes). Folglich hatte Clug in dieser Musik intuitiv eine geeignete Intonation ertastet. Zu der Arbeit an dem Ballett hat der Choreograf auch seinen ständigen Co-Autor, den slowenischen Komponisten Milko Lazar, hinzugezogen. Wie er mit der berühmten Schnittke-Partitur zusammenwirken wird, ist recht interessant.

Der Liste der handelnden Personen und Darsteller nach zu urteilen, ist beinahe die gesamte Truppe des Bolschoi-Theaters in die Inszenierung eingebunden worden. Der Choreograf bewahrte die meisten handelnden Personen. Vorgesehen sind drei Besetzungen für die Inszenierung. Den Meister probten Artjom Owtscharenko, Denis Sawin und Igor Zwirko (augenscheinlich werden sie sich auch in Jeshua verwandeln, da es diese Person nicht im Verzeichnis gibt), Margarita – Maria Winogradowa, Jekaterina Krysanowa und Olga Smirnowa. In der Partei des Volands sind Artemij Beljakow, Wladislaw Lantratow und Semjon Tschudin ausgewiesen worden, und in der Partie des Pontius Pilatus – Alexander Wodopetow, Michail Lobuchin und Ruslan Skworzow.

Übrigens, Zwischenfälle, die – wie gemeint wird – stets mit denen passieren, die sich des Romans „Der Meister und Margarita“ annehmen, haben auch diese Inszenierung tangiert. Die Proben hatten im Frühjahr vergangenen Jahres begonnen. Und sie mussten aus verständlichen Gründen eingestellt und die Premiere verschoben werden. Jetzt findet sie aber endlich statt.