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Ukrainische Militärs erlernen auf NATO-Stützpunkten, neue Waffensysteme zu beherrschen


Während die Russische Föderation Kräfte und Ressourcen für eine großangelegte Offensive im Donbass sammelt, bereiten sich die Vereinigten Staaten und die NATO scheinbar auch auf die Eskalierung des Konflikts in der Ukraine vor. Damit verbunden ist das neue Paket an Militärhilfe für Kiew, die US-Präsident Joseph Biden bekanntgegeben hat. Das Pentagon informierte über eine ausführliche Liste neuer Waffen für 800 Millionen Dollar, auf der Schützenpanzerwagen, Hubschrauber, Artilleriesysteme und Geschosse stehen. Es gibt Grund zur Annahme, dass die Liste keine endgültige ist und wahrscheinlich durch neue Schiffsabwehrraketen ergänzt wird, die NATO-Verbündete der USA an Kiew liefern sollen. Die Hilfe der Vereinigten Staaten wird gleichfalls eine umfangreiche Ausbildung ukrainischer Militärspezialisten für einen Umgang mit den modernen westlichen Waffen umfassen, die auf Stützpunkten des Nordatlantikpaktes erfolgen wird, erklärte der offizielle Pentagon-Sprecher John Kirby.

Die internationalen Medien erörtern aktiv den Untergang des Flaggschiffs der russischen Schwarzmeerflotte, des Kreuzers „Moskau“. Durch einen Brand waren Munitionsvorräte an Bord des Schiffs explodiert und schwere Schäden entstanden. Und beim Abschleppen in den Krim-Hafen Sewastopol ist das Schiff mit einem Wert von geschätzten 750 Millionen US-Dollar (lt. Angaben des Magazins FORBES) aufgrund schweren Wellengangs am Donnerstag gesunken. Für Russland ist dies bisher der größte materielle Verlust im Verlauf der nunmehr 52 Tage andauernden militärischen Sonderoperation in der Ukraine, die Präsident Wladimir Putin am 24. Februar offiziell befohlen hatte. Über die Ursachen des Brands gibt es bisher keine offiziellen Angaben, obgleich gewisse Parallelen zum Untergang des Atom-U-Bootes „Kursk“ gezogen werden. Moskauer Zeitungen verwiesen darauf, dass nach der etwa 363 Millionen Dollar kostenden Reparatur von 2020 kein modernes Feuerlöschsystem installiert worden sei. Gleichfalls sei die Lagerung der Bewaffnung und Munition an Bord des Kreuzers, der unter anderem 2008 im Konflikt mit Georgien und 2015 in Syrien zum Einsatz gekommen war, als Ursache für das Ausmaß der schweren Schäden nicht auszuschließen. Interessant ist auch die Meinung, die in vielen Medien und in der Experten-Community kursiert, wonach von der ukrainischen Küste ein Schlag mit Schiffsabwehrraketen gegen den über 186 Meter langen Koloss geführt worden sein könnte. Bestätigungen dafür gibt es von der russischen Seite nicht und wird es wahrscheinlich nicht geben, da die bedeuten würde: Die bisherigen Schläge mit russischen „hochpräzisen Raketen“ haben wohl doch nicht alle wichtigen militärischen Infrastrukturobjekte der Ukraine vernichtet. Derweil behaupten einige Vertreter der Ukraine, dass für die Attacke eigene Schiffsabwehrraketen vom Typ „Neptun“ eingesetzt worden seien. Dabei gibt es Grund zur Annahme, dass es in der Bewaffnung der Seestreitkräfte der Ukraine Systeme gibt, die in der Lage sind, Seeziele zu vernichten. Dank der Hilfe der USA und anderer NATO-Länder kann die Anzahl solcher Schiffsabwehrraketen in den ukrainischen Seestreitkräften schon in der nächsten Zeit um ein Mehrfaches erhöht werden, was die russische Militärführung berücksichtigen muss.

Die „NG“ hatte mehrfach über die im Jahr 2020 in die Bewaffnung der ukrainischen Seestreitkräfte aufgenommenen Schiffsabwehrraketen „Neptun“ geschrieben, die imstande sind, Ziele in einer Entfernung von beinahe bis zu 300 Kilometern zu treffen. Ukrainische Medien berichteten, dass sich die vom Kiewer Konstruktionsbüro „Lutsch“ („Der Strahl“) auf der Basis der der sowjetischen Rakete Ch-35 PKR R-360 entwickelten Komplexe RK-360 MTs „Neptun“ bereits über zwei Jahre in den Seestreitkräften der Ukraine befanden und versuchsweise in ständiger Gefechtsbereitschaft gehalten wurden. Im Bestand der ukrainischen Marine hatten sich zu Beginn dieses Jahres mindestens vier Startanlagen RK-360 MTs und rund zwanzig Raketen dazu befunden. Aber laut Angaben der OAO „Motor Sitsch“ machte der Staatsauftrag für die Herstellung von R-360-Flügelraketen in den Jahren 2019-2021 120 Stück aus.

Die erste Landdivision mit „Neptun“-Raketen sollte auf dem Marinestützpunkt in Berdjansk im März 2022 den Dienst aufnehmen. Man kann jedoch annehmen, dass im Zusammenhang mit dem Beginn der Durchführung der Sonderoperation der Russischen Föderation in der Ukraine die Division am Ufer des Asowschen Meeres nicht ihren Dienst aufgenommen hat. Da sich der Marinestützpunkt in Berdjansk vollkommen unter Russlands Kontrolle befindet, ist die Einheit mit den „Neptun“-Raketen möglicherweise zur Schwarzmeerküste verlegt worden.

Bereits im Jahr 2020 hatte der Befehlshaber der ukrainischen Seestreitkräfte Alexej Nejischpapa erklärt, dass sich die Ukraine auf eine „allumfassende militärische Konfrontation“ vorbereite. Und nach seinen Worten „erlaubt die Reichweite des „Neptun“-Raketenkomplexes, ihn vom Festland der Ukraine an den Zufahrten nach Sewastopol einzusetzen“. Damals hatten sich viele in Russland gelinde gesagt leichtfertig gegenüber der Erklärung von Nejischpapa verhalten. Und lediglich der Militärexperte Oberstleutnant Alexander Owtschinnikow hatte in einem Interview der „NG“ nach dem Studium der technischen Charakteristika und der Testergebnisse der Schiffsabwehrrakete „Neptun“ mitgeteilt, dass die Schiffsabwehrrakete R-360 „in der Lage ist, die Bereich der Luftabwehr des Gegners zu umgehen und ein Ziel im Hinterland des Feindes durch einen überraschenden Schlag zu vernichten… Und daher darf man die neuen Gefechtsmöglichkeiten der „Neptun“-Raketen nicht ignorieren“ (siehe „NG“ vom 06.12.2020 – https://www.ng.ru/armies/2020-12-06/1_8032_neptune.html).

Vor nicht allzu langer Zeit (am 8. Februar 2022) hatte der Botschafter der Ukraine in Großbritannien Wadim Pristaiko über Lieferungen von Schiffsabwehrraketen von London an Kiew gesprochen. „Und dies ist eine reale Waffe, sind Raketen, die uns erlauben, etwas Russland im Schwarzen und im Asowschen Meer entgegenzuhalten“, hatte Pristaiko damals resümiert. Laut Angaben englischer Medien sollte Großbritannien wahrscheinlich für die ukrainischen Seestreitkräfte die unter der Schallgrenze fliegende Schiffsabwehrrakete Brimstone Sea Spear mit einer Flugweite von bis zu elf, zwölf Kilometern liefern. Anfang April meldeten ukrainische Medien, dass Großbritannien Schiffsabwehrraketen aus US-amerikanischer Produktion vom Typ „Harpoon“, deren Reichweite 150 bis 280 Kilometer erreichen kann, nach Odessa gebracht hätte. Laut anderen Angaben beabsichtige Kanada, in der aller nächsten Zeit solche Lieferungen mit Unterstützung der USA vorzunehmen. Laut Medienberichten könne die Lieferung von 24 Raketen und Zubehör zu ihnen für die Ukraine durch kanadische Militärtransportflugzeuge bis nach Rumänien erfolgen. Und von dort würde man die Waffen auf dem Landweg ins Verwaltungsgebiet Odessa bringen. In diesem Fall wird die Übergabe der Waffen an der Grenzübergangsstelle Reni erfolgen.

Noch eine Version bezüglich möglicher Lieferungen von Schiffsabwehrraketen für die Ukraine formulierte im Kontext mit dem Vorfall um den Kreuzer „Moskau“ der Militärjournalist Alexander Koz von der kremlnahen Moskauer Zeitung „Komsomolskaja Prawda“. Er lenkte das Augenmerk darauf, dass im Januar letzten Jahres ein US-amerikanisches Flugzeug eine Partie von Schiffsabwehrraketen vom Typ AGM-119 Penguin Mk 2 nach Odessa gebracht hätte. Solche Raketenkomplexe befanden sich früher in der Bewaffnung Norwegens. Dies sind relativ alte Raketen mit einer Reichweite von bis zu 40 Kilometern.

Den in den Medien aufgetauchten Daten von Satellitenaufnahmen nach zu urteilen, erfolgte die Detonation von Munition des 1979 in Dienst gestellten Kreuzers im Westteil des Schwarzen Meeres, in einer Entfernung von mehr als 150 Kilometern von der Küste des Verwaltungsgebietes Odessa. Laut einigen Informationen hat früher das ukrainische Verteidigungsministerium in diesem Bereich vom Testgebiet „Alibej“ aus ständige Raketentests mit den Raketenkomplexen RK-360Mts „Neptun“, „Olcha-M“ und „Totschka-U“ durchgeführt. Beobachter vermuten gleichfalls, dass Daten über den gesunkenen Kreuzer „Moskau“ (für die russischen Staatsmedien am Freitag so gut wie kein Thema gewesen – Anmerkung der Redaktion) möglicherweise „die Luft- und Kosmos-Aufklärungsgruppierung des Pentagons und des Nordatlantikpaktes, die diese Daten rund um die Uhr erfassen und auswerten, den ukrainischen Seestreitkräften zur Verfügung gestellt hat“.

„Die USA und NATO-Länder versuchen, die Ukraine mit modernen Waffenarten vollzustopfen. Diese Waffen fügen natürlich den russischen Truppen, die die Aufgaben der Sonderoperation erfüllen, einen bestimmten Schaden zu“, erklärte gegenüber der „NG“ der Militärexperte und Offizier Wladimir Golzew, ein Spezialist auf dem Gebiet des funkelektronischen Kampfes. Eine These die ständig von den russischen Herrschenden wie ein Mantra wiederholt wird. „Moskau muss den Waffenlieferungen einen Riegel vorschieben. Und wenn sie bereits in den Streitkräften der Ukraine sind, muss man deren Vernichtungsfaktoren bei der Organisierung der Gefechtshandlungen der Streitkräfte der Russischen Föderation sowohl auf dem Land als auch im Bereich des Schwarzen Meeres planen und berücksichtigen“.

 

  1. S. der Redaktion „NG Deutschland“

Die Kampfhandlungen im Konflikt zwischen Moskau und Kiew verursachen nicht nur materielle Verluste, sondern bringen zahllosen Menschen schwere Verwundungen und auch den Tod. Genaue Angaben werden offiziell nicht publiziert. Seit Mai 2015 sind die Menschenverluste des russischen Verteidigungsministeriums ein Militärgeheimnis „in Friedenszeiten für den Zeitraum der Durchführung spezieller Operationen“. Früher galt ein entsprechendes Gesetz von 1995 nur für Kriegszeiten. Im Verlauf der von Präsident Wladimir Putin am 24. Februar befohlenen Sonderoperation in der Ukraine hat das Verteidigungsministerium in Moskau nur zweimal Zahlen über die Verluste der russischen Truppen vorgelegt – am 2. und am 25. März. Laut den letzten Angaben sind 1351 russische Militärs ums Leben gekommen und 3825 verwundet worden. Später, am 7. April bezeichnete Dmitrij Peskow, der Pressesekretär des russischen Präsidenten, die Verluste der Sonderoperation in einem Interview für den britischen TV-Sender SkyNews als erhebliche.

Ob unter der zuletzt veröffentlichten Zahl der Toten auch Generalmajor Wladimir Frolow ist, kann und will vorerst keiner in Russland sagen. Er ist bei den Kämpfen um Mariupol gefallen, hieß es am Samstag, als er auf dem Petersburger Serafim-Friedhof mit militärischen Ehren beerdigt wurde. Auf dem Telegram-Kanal des Gouverneurs von Sankt Petersburg Alexander Beglow wurde darüber berichtet. Im Internet war die Information zu finden, dass der General, der Stellvertreter des Kommandierenden der 8. Armee gewesen war, der inzwischen achte russische General ist, der im Verlauf der Sonderoperation fiel. Im Afghanistan-Krieg der einstigen UdSSR waren innerhalb von zehn Jahren fünf Generäle ums Leben gekommen.

Angaben über in der Ukraine gefallene russische Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere sind in den Medien des Landes spärlich. Das Fernsehen berichtet nur sporadisch über solche Fälle. In den regionalen Medien sind gleichfalls gelegentlich Berichte über Beisetzungen gefallener russischer Militärs anzutreffen. Auf dieser Grundlage nahm der russischsprachige Dienst der BBC eine Analyse vor und kam zu dem Schluss, dass etwa jeder fünfte gefallene russische Militär ein Offizier gewesen sei.

Die Beisetzung von Wladimir Frolow nutzten am Samstag einige russische Internetmedien, um an jüngst erfolgte Beisetzungen zu erinnern. Das Medium „Delowoi Peterburg“ berichtete vom Tod des Gefreiten Sergej Abramtschik, der als Vertragsmilitär diente, im Donbass kämpfte und Mitte März auf dem Kasaner Friedhof im Petersburger Vorort Puschkin beigesetzt wurde.

Vor einer Woche nahm man in Petersburg Abschied von dem Luftlandesoldat Maxim Smirnow, der posthum mit dem Tapferkeitsorden ausgezeichnet wurde. Zwei Tage später wurde der Oberfähnrich Artjom Panow, der bei der Sonderoperation zur Verteidigung des Donbass gefallen war, auf dem Friedhof des Dorfes Staro-Panowo zu Grabe getragen. Und am 13. April nahm man in der Newa-Metropole von Hauptmann Alexander Prichodko Abschied. Er erhielt ebenfalls posthum den Tapferkeitsorden. Petersburg muss inzwischen auf eine lange traurige Liste von Mitbürgern blicken, die während der Sonderoperation ihr Leben verloren haben. In anderen Regionen gibt es sicherlich ähnliche, die letztlich alle ein trauriges Bild vermitteln.

In der Ukraine sieht es nicht anders aus. Der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij erklärte, dass im Verlauf der russischen Sonderoperation die ukrainischen Streitkräfte bis zu 3000 Menschen als Tote zu beklagen hätten. Genaue Zahlen zu den Verlusten sind auch in der Ukraine ein Militärgeheimnis. Das russische Verteidigungsministerium stellte aber Ende März seine Zahlen vor. Der stellvertretende Generalstabschef der russischen Streitkräfte, Generaloberst Sergej Rudskoj, erklärte, dass seit dem 24. Februar die Gesamtverluste der ukrainischen Streitkräfte bei rund 30.000 Menschen liegen würden, darunter 14.000 Tote und 16.000 Sanitärfälle (Verwundete oder Kranke, die zeitweilig die Einsatzfähigkeit verloren hätten). Von den 14.000 Toten seien etwa 3500 auf dem Territorium der von Moskau anerkannten Lugansker und Donezker Volksrepublik begraben wurden. Diese Zahlen aktualisierte das russische Verteidigungsministerium am Samstag bei einem Briefing. „die unwiederbringlichen Verluste der ukrainischen Armee, Nationalgarde und Söldner betragen 23.367 Menschen. Allein in Mariupol machten die Verluste der ukrainischen Gruppierung über 4.000 Menschen aus“.