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Ukrainische Militärs haben Vororte von Donezk ins Visier genommen


Die Lage im Donbass heizt sich auf. Und in der nächsten Zeit könne Kiew eine Offensive gegen Stellungen der nichtanerkannten Donezker Volksrepublik und der Lugansker Volksrepublik beginnen, meinen sowohl Experten als auch die Konfliktteilnehmer. Russland bereitet offensichtlich Antwort- und möglicherweise vorbeugende Aktionen vor.

Eine Überprüfung der Gefechtsbereitschaft hat seitens der Ukraine faktisch bereits begonnen. Am vergangenen Donnerstag wurde in einem Donezker Vorort, im Gebiet der Siedlung der „Trudowskaja“-Grube, durch einen Beschuss seitens Einheiten der ukrainischen Streitkräfte eine Gasleitung getroffen, und in der Siedlung Staromichailowka wurde die Stromversorgung in mehreren Straßen unterbrochen. Den Veröffentlichungen in den sozialen Netzwerken nach zu urteilen ist die Verlegung der mittels Militärgüterzüge eingetroffenen Panzer und gepanzerten Technik der ukrainischen Armee zur Trennungslinie fortgesetzt worden. Indirekt deutete die Möglichkeit des Beginns von Kampfhandlungen in den dichtbesiedelten Ortschaften der Donezker Volksrepublik auch der Befehlshaber der Landstreitkräfte der Ukraine, Generaloberst Alexander Sirskij an. Seinen Worten zufolge seien im Zeitraum 2015-2020 insgesamt rund 16.000 ukrainischer Militärs zur Führung von Kampfhandlungen in Städten durch Spezialisten aus NATO-Ländern ausgebildet worden. Die neue Führung der Vereinigten Staaten und der Allianz beabsichtigen, die Ukraine in dem Bestreben zu unterstützen, eine Revanche zu erzielen. Ob die Ukraine zu solchen Handlungen bereit ist, konnte augenscheinlich die Delegation des Vereinigten Kommandos der NATO-Landstreitkräfte unter Leitung von Generalleutnant Roger L. Cloutier Jr., die sich in der Ukraine aufgehalten hatte, überprüfen.

In Odessa sind Schiffe der ständige NATO-Marinegruppe eingetroffen, und in Kiew begannen mit neuer Kraft die Losungen zu erklingen, dass die Russische Föderation aggressive Handlungen im Donbass vorbereite und man ihr eine adäquate Antwort geben müsse.

In Russland haben derweil unweit dessen südwestlichen Grenzen, im Westlichen Militärbezirk, aber auch in der Schwarzmeerflotte großangelegte Militärmanöver begonnen. Bei denen werden laut Angaben des russischen Verteidigungsministeriums „Handlungen bei einem Angriff der Luftwaffe eines angenommenen Gegners, der Einsatz von Aufklärungsmitteln und Drohnen usw. trainiert“.

Die ukrainischen sozialen Netzwerke verbreiteten Informationen, dass Russland angeblich „im Donbass eine Provokation vorbereitet, um Friedenstruppen in die Region zu entsenden“. Man verdächtigt Moskaus des Strebens, „den Konflikt im Donbass auf Eis zu legen, wie dies seinerzeit in Südossetien und Abchasien getan wurde“. Obgleich der stellvertretende Informationsminister der nichtanerkannten Donezker Volksrepublik Daniil Bessonow erklärte, dass die Ukraine mit solchen Informationssalven versuche, vorab ihre „zuvorkommende“ Aggression zu rechtfertigen. Und laut seinen Angaben „bereiten sich die Streitkräfte der Ukraine auf eine Offensive in der Region vor“.

Im Kreml hebt man gleichfalls die Zunahme der Spannungen in der Region hervor. „Wir erhalten Informationen, wonach an der Berührungslinie im letzten Monat die Spannung wesentlich zugenommen hat. Jegliche Erhöhung der Spannungen an solch einem Brennpunkt, sie birgt natürlich das Potenzial für unterschiedliche Provokationen. Und unter Berücksichtigung der aggressiven Haltung der ukrainischen Streitkräfte spüren wir natürlich Besorgnis“, sagte der Kremlsprecher Dmitrij Peskow am Donnerstag.

Vor diesem Hintergrund ergibt sich die Frage, inwieweit die Streitkräfte der Donezker Volksrepublik und der Lugansker Volksrepublik in der Lage sind, solch eine Aggression abzuwehren. Und wie wird in diesem Fall Russland helfen, da der russische Präsident vor einem Monat betont hatte, dass er nicht plane, den Donbass „trotz allem“ im Stich zu lassen. Und obwohl Russland der Donezker und der Lugansker Volksrepublik Hilfe leistet, möchte es die Interessen des Donbass in einem militärischen Konflikt verteidigen?

Wie der Militärexperte und Oberst Schamil Garejew meint, habe die Ukraine im Südosten des Landes mehr als ein Drittel ihrer Armee – fast 90.000 Mann – konzentriert. „Darüber hinaus wurden rund 450 Panzer und über 2000 gepanzerte Mittel sowie genauso viele Artillerieanlagen und reaktive Geschosswerfer in Gefechtsbereitschaft fixiert“. Die Volksmiliz, die in der Donezker und in der Lugansker Volksrepublik Militärkorps gebildet hat, mache etwa ein Drittel der Gruppierung der ukrainischen Armee aus. Derweil ist der Militärkommentator Jurij Kotenok der Annahme, dass „die Ukraine die Offensive gerade in den Vorort von Donezk beginnen wird“. Eben deshalb haben seiner Meinung nach die NATO-Spezialisten so lange Einheiten der ukrainischen Streitkräfte für Handlungen in dichtbesiedelten Gebieten ausgebildet. Laut einer Kiewer Version werde eine Offensive in diesen Gebieten Panik auslösen und einen Exodus hunderttausender Einwohner der Donezker und der Lugansker Volksrepublik zu den Grenzen Russlands provozieren. Gerade dies könne eine Einmischung Russlands in den Konflikt auslösen, das, wie Kotenok meint, im Zusammenhang damit Antwort- und vielleicht auch vorbeugende Handlungen organisiere.