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Veröffentlichung von Fotos und Videos abstürzender Drohnen soll in Russland verboten werden


Die russische Aufsichtsbehörde für das Internet und die Massenmedien Roskomnadzor ist bereit, eine Gesetzesvorlage zu prüfen, die das Verbot vorsieht, Fotos und Videos von Orten eines Beschusses und von Attacken durch Drohnen zu veröffentlichen. Diese Initiative wurde vom Ausschuss des Föderationsrates (das russische Oberhaus – Anmerkung der Redaktion) für Verfassungsgesetzgebung unter Leitung seines Vorsitzenden Andrej Klischas (Kremlpartei „Einiges Russland“) unterbreitet. Zur Behandlung wird man den Gesetzentwurf wahrscheinlich im Herbst an die Staatsduma (das russische Unterhaus – Anmerkung der Redaktion) übergeben. Strafen für Verstöße gegen das geplante Gesetz sind analog einer Diskreditierung der Streitkräfte der Russischen Föderation vorgesehen. Bei einer wiederholten Gesetzesverletzung kann der Schuldige eine Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren bekommen.

Andrej Klischas erläuterte: „Oft werden im Internet gepostete und in den Massenmedien veröffentlichte Foto- und Videomaterialien durch die Streitkräfte des Gegners für eine Identifizierung des Standortes von Militärtechnik, Waffen und Munition, von unterschiedlichen Objekten – darunter der militärischen Infrastruktur – ausgenutzt, genauso wie auch jegliches andere potenzielle Kampfziel. Zum Beispiel erlaubt der Zeitpunkt des Starts einer ballistischen Rakete, der auf durch ein Video festgehalten wurde, die Flugbahn zu bestimmen. Und folglich bei einem Treffen des endgültigen Ziels durch mathematische Berechnungen den Standort der Startanlage zu ermitteln“. Das gleiche würde auch den Absturz von Drohnen betreffen.

Anders gesagt: Für die Bürger und Massenmedien sei es besser, die überprüften Informationen aus offiziellen Quellen (zum Beispiel des Verteidigungsministeriums) zu nutzen. Dies sind in der Regel lapidare Mitteilungen. Dort und dort und dann und dann sei durch Mittel der Luftabwehr eine ukrainische Drohne abgeschossen worden. Opfer und ernsthafte Zerstörungen habe es nicht gegeben. Die Folgen würden beseitigt werden. (Und alles kann nicht unabhängig überprüft werden. – Anmerkung der Redaktion) Die Veröffentlichung von Fotos und Videos mit Orten des Geschehens würde ihrerseits dem Gegner nötige Informationen geben und voraussagen, wie man das nächste Mal den Schlag führen müsse.

Formell sind im Land keine von der Gesetzgebung vorgesehene besondere Regimes verhängt worden. Strukturell sind aber viele Initiativen der Abgeordneten und Senatoren mit den Normen identisch, die beispielsweise während des Kriegszustands gelten. Dies betrifft besonders die Massenmedien, die Verbreitung von Informationen. Die zu veröffentlichenden Angaben werden vor allem im Kontext der militärischen Sonderoperation, des Konflikts mit Kiew gesehen: Kann sie der Gegner ausnutzen? Dies betrifft auch jegliche Informationen oder Meinungen über die militärische Sonderoperation (die am kommenden Sonntag bereits 550 Tage andauern wird – Anmerkung der Redaktion). Die Veröffentlichungen dürfen keine Panik und Misstrauen hinsichtlich der Handlungen der russischen Armee auslösen. Schließlich könne dies die andere Seite ebenfalls ausnutzen. Die Verweise auf die Redefreiheit, die Freiheit auf die Verbreitung von Informationen – all dies zeigt in solch einer Zeit einfach keine Wirkung.

Andrej Klischas sagt, dass man all dies den Menschen erklären müsse, denn wir leben in einer schwierigen Zeit. Das stimmt. Selbst die kurzen, trockenen Mitteilungen über angeblich abgeschossene Drohnen über den Verwaltungsgebieten Belgorod, Rostow, Kursk sowie dem Moskauer Gebiet und der russischen Hauptstadt sind fast zu gewöhnlichen geworden. Aber vor kurzem noch erschien dies als etwas Außergewöhnliches, als ein außerordentliches Ereignis. Dies ist eine neue Realität, die man ungern als eine neue Normalität bezeichnen möchte.

Die Notwendigkeit eines Verbots für das Publizieren von Fotos und Videos wird rational erklärt. Es ist aber auch schwierig, die psychologische Wirkung derartiger Initiativen zu ignorieren. Es kann angenommen werden, dass trockene, knappe Informationen in der Art von „abgeschossen, keine Zerstörungen und Opfer“ die Bürger beruhigen, die besorgniserregenden Ereignisse in eine Routine verwandeln, den Eindruck erwecken, dass alles unter Kontrolle sei. Fotos und Videos haben eine andere Wirkung. Derartige Informationen können Besorgnis auslösen, Panik.

Jedoch können auch die Initiativen der Abgeordneten und Senatoren an sich Besorgnis hervorrufen. Wird wirklich alles kontrolliert? Sind wir zuverlässig gesichert? Was kann man erwarten, wenn eine Bestrafung für scheinbar gewöhnliche Handlungen eingeführt wird? Dies ähnelt sehr den eingeführten Normen hinsichtlich eines Umgehens einer Mobilmachung. Alles laufe doch scheinbar nach Plan. Wozu aber wird dies aber nun getan? Die neuen Gesetze werden eine durchaus nicht voraussagbare Zukunft andeuten. Und Senator Klischas hat in der Hinsicht recht, wenn er sagt, dass man dies den Menschen erklären müsse.