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Wen stört das „Wort des Bengels“?


Das russische Publikum wird von der Serie „Das Wort des Bengels“ erobert. Die Geschichte über Gopniki aus der Welt der Kasaner Hinterhöfe in der späten Sowjetzeit hat überraschend ein emotionales Echo in unseren Tagen gefunden. Aber das Filmprojekt hat nicht bei allen Gefallen gefunden. Die Kritiker, unter denen Staatsbeamte und Politiker sind, sind der Annahme, dass es Gewalt und eine kriminelle Lebensweise romantisiere. Zu vernehmen sind die Forderungen, die Ausstrahlung der Serie selbst ungeachtet dessen zu verbieten, dass die Serie durch die zuständige Aufsichtsbehörde Roskomnadzor überprüft wurde. Und die hatte keinerlei Verstöße gefunden.

Besonders einstecken musste die Serie durch die Offiziellen Tatarstans. „Wir haben dies durchgemacht, und wir haben kein Recht, eine Wiederholung der Ereignisse der Vergangenheit zuzulassen. Wir müssen der Landesführung deutlich machen, dass solche Filme nicht jener Politik entsprechen, die wir verfolgen“, erklärte das Oberhaupt der Republik, Rustam Minnichanow.

Wie kann man aber derartige Aussagen mit der Verfassung in Einklang bringen, die eine Zensur verbietet? Schließlich hat jedes beliebige Kunstwerk ein Lebensrecht, wenn sie nicht das Gesetz verletzt. Und Derartiges ist nicht festgestellt worden. (Russlands Verfassung ist leider nicht mehr der Orientierungspunkt und Gradmesser, denn in der Realität ist sie oft nicht mehr als ein Stück Papier, was letztlich auch die letzten Monate und Jahre im russischen Kulturbereich belegen. – Anmerkung der Redaktion)

Die Serie basiert auf einem Phänomen, das real existierte. Die Kasaner Jugendbanden sind eine bekannte Seite in der Geschichte. Natürlich ist die heutige Hauptstadt von Tatarstan dem Kasan der Perestroika-Zeit überhaupt nicht ähnlich. Dies bedeutet nicht, dass man im Kampf für eine falsch verstandene Reinheit des Images die Vergangenheit verschweigen muss.

Es sei erinnert, dass mit der leichten Vorgabe von Fernsehmachern Petersburg den Beinamen „Banditen“ erlangte, entsprechend dem Titel einer bekannten TV-Serie (die zu Beginn dieses Jahrtausends über die Fernsehbildschirme flimmerte – Anmerkung der Redaktion). Und alle verstehen, dass es um die 90er Jahre geht, und für das heutige Petersburg verwendet keiner dieses Attribut. Könnte heutzutage die Komödie „Entführung im Kaukasus oder Shuriks neue Abenteuer“ auf die Kinoleinwände oder Bildschirme kommen oder würde man einen Film nach verfassungswidrigen Klagen von Bürokraten, die in dem jeweiligen Streifen ein Anschwärzen von Einheimischen oder eine Belustigung über deren Traditionen auszumachen glaubten, aus dem Verleih nehmen?

Die Franzosen sind sicher aufgrund des Films „The French Connection“ (im deutschen Filmverleih als „Brennpunkt Brooklyn“ bekannt) von William Friedkin gekränkt. Dies hebt jedoch nicht die Tatsache auf, dass es einen transatlantischen Kanal für Drogen-Lieferungen aus Labors von Marseille in die USA gegeben hatte. Marseille hat überhaupt ein jahrhundertelanges zweifelhaftes Ansehen. In vielem ist es aber gerade deshalb sogar anziehend. Wenn die Beamten mit einer Idee an die Sache gehen würden, hätten sie eine Anwendung für den auf Kasan gefallenen Ruhm gefunden und hätten beispielsweise die Stadtkasse durch Touristen-Exkursionen zu Orten der wilden Vergangenheit aufgefüllt. Touristen werden nicht die Ereignisse von vor 30 Jahren mit dem heutigen Kasan assoziieren, nachdem sie sich vom Nichtbestehen solch einer Verbindung überzeugt haben.

Die Kritiker der Serie könnte ihre Beanstandungen darauf aufbauen, dass für ihre Dreharbeiten unter anderem staatliche Gelder bereitgestellt worden waren (darüber ist den Medien geschrieben worden). Nun in dem Stil: Wir protestieren als Steuerzahler. Aber es gibt da einen Haken: Mit solch einer Resonanz ist die Serie zu einem kommerziellen Erfolg verdammt. Und dies bedeutet, dass die Gelder nicht vergebens bereitgestellt wurden. Und gibt es denn noch viele andere Beispiele für erfolgreiche staatliche Investitionen in die russische Filmkunst?

Die Kasaner Gopniki können nicht gefallen. Aber die scheinheiligen Erklärungen im Stil „über solche Leute muss man keine Filme drehen“ zwingen zu der Frage: Über wen sollen dann die Regisseure Filme drehen, damit es den Staatsbeamten gefällt? Sie wollen „zuckersüße“ Streifen nur über Errungenschaften und Siege? Und wen sehen sie da als Helden (wenn es nicht um den Krieg geht) auf den Bildschirmen in den Filmen „über das Leben“? Physiker-Doktoranden? Arbeiter, die Wälder retten und Obdachlosen helfen? Wenn begabt gedreht wird und das entsprechende Publikum erreicht wird – warum nicht. Aber das Schicksal der russischen Filme, die früher auf Anweisung, entsprechend einem „sozialen Auftrag“ produziert wurden, veranlassen, einen Erfolg zu bezweifeln.

Ja, muss man aber die Helden der Serie nur mit schwarzer Farbe zeichnen? Schließlich repräsentieren sie im Grunde genommen eine in Russland tief verwurzelte Tradition, der entsprechend nicht nur eine Generation erzogen wurde: Freundschaft, gegenseitige Hilfe, Verantwortungsgefühl, Hass gegenüber einem Verrat und andere würdige Männer-Prinzipien. Ja, und bei uns erinnert sich im Übrigen auch der Präsident an die Leningrader Straßen und ihre Spielregeln. Heute ist dies ein anderer Mann, wir alle haben aber eine Kindheit gehabt. Wichtig ist, was wir aus ihr mitgenommen haben. Und in dieser Hinsicht vermittelt die Serie nicht nur ein negatives Beispiel, dessen Einfluss auf die Jugend die Moralisten so fürchten.