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Wie „okay“ und „Boutique“ der russischen Sprache schaden


Die Stiftung „Öffentliche Meinung“ hat eine Umfrage durchgeführt, die der Haltung von Russlands Bürgern zur Verwendung von Fremdwörtern in der russischen Sprache gewidmet war. 57 Prozent der Befragten sind der Auffassung, dass solche Worte die russische Sprache verderben würden, 28 Prozent, dass sie diese bereichern und entwickeln würden. Lediglich in einer Altersgruppe – 18 bis 30 Jahre – machen jene, die für Übernahmen aus anderen Sprachen eintreten, mehr als die Gegner aus. Die Werte sind bei den Nutzern des Internets als hauptsächliche Informationsquelle ungefähr gleich: 42 Prozent sind dafür und 46 Prozent – dagegen.

Dabei erklärten 44 Prozent der Befragten, dass die Nutzung solcher Wörter durch andere bei ihnen keine Gereiztheit und keinen Unmut auslöse (bei 50 Prozent ist dies aber gerade der Fall). 41 Prozent stehen solch einer Erscheinung in den Massenmedien ruhig gegenüber (53 Prozent fühlen sich gereizt). Dies korrigiert ein wenig das Bild, dass durch die Ergebnisse der ersten Frage gezeichnet wurde. Bei deren Formulierung hatten die Soziologen einfach nicht die Variante „Gleichgültigkeit“ vorgeschlagen. Der Anteil jener, die bereit sind, die These vom Nutzen von Fremdwörtern in der russischen Sprache zu verteidigen, ist geringer als der Anteil der Bürger, die in keiner Weise auf solche Übernahmen reagieren.

Als man den Befragten, die die Fremdwörter in der tagtäglichen Kommunikation und in den Massenmedien reizen, die präzisierende Frage „und konkret welche Wörter?“ stellte, konnten viele (35 Prozent) überhaupt nicht antworten. Als die populärste erwies sich die Antwort „okay“ (6 Prozent). Andere Varianten („Shopping“, „cringe“, „Fake“, „wow“, „Cash-Back“, „Manager“, „Hype“) kamen auf jeweils ein Prozent. Es hatte auch Antworten gegeben, die keine Konkretheit aufwiesen: „Es gibt viele solcher Wörter“, „Slang junger Menschen“ oder „Fach-Slang“.

Bemerkenswert ist, dass 65 Prozent der Befragten den von der Staatsduma (das russische Unterhaus – Anmerkung der Redaktion) in erster Lesung verabschiedeten Gesetzentwurf über das Verbot für Beamte und Staatsangestellte, in öffentlichen Reden Fremdwörter zu verwenden, unterstützen. Neun Prozent sind der Meinung, dass man das Wirken solch eines Gesetzes auf die Massenmedien ausdehnen müsse. Genauso viele wollen es auf Lehrer anwenden. Und neun Prozent erklärten, dass dies zu einer generellen Norm werden müsse,

Die Sprache, dies ist sowohl ein Instrument als auch eine Reflexion des Denkens, der Wahrnehmung der Realität. Die neuen, darunter auch übernommene Wörter beschreiben das, was es früher nicht in den Erfahrungen der Gesellschaft gegeben hatte. Die Sprache strebt nach Funktionalität. Und Russlands Bürger unterliegen nicht weniger als andere Nationen diesen Prozessen und akzeptieren sie. Es ist schwer zu beurteilen, was für einen Prozentsatz der Befragten die Formulierung der Fragen an sich veranlasste, sich über die Reizwörter Gedanken zu machen. Und für wen war die Skepsis schon lange eine aufgestaute und begriffene? Dafür ist eine tiefgründigere Untersuchung notwendig.

Der Kampf gegen das „Fremdländische“ in der Sprache ist schwerlich als ein Bedürfnis von unten her anzusehen, auf jeden Fall als ein artikuliertes und argumentiertes. Die gereizten Bürger können nicht klar umreißen, was gerade bei ihnen solch eine Reaktion auslöst. Mehrere der Wörter, die sie nennen, haben sich bereits vor zwanzig Jahren in der alltäglichen Sprachpraxis durchgesetzt. Es wäre seltsam, jetzt auf solche Wörter wie „Manager“ oder „Boutique“ zu verzichten. Einige Wörter – beispielsweise „wow“ – haben offenkundig die einstige Popularität verloren. Sie erscheinen wie aus veralteten satirischen Feuilletons übernommene.

Die Befragung der Stiftung „Öffentliche Meinung“ fixiert eher eine gesellschaftliche Grundeinstellung hinsichtlich eines Misstrauens gegenüber allem Ausländischen. Heutzutage ist dies politischer Mainstream. Im Fragebogen der Soziologen kann man den Begriff „Fremdwörter“ gegen „ausländische Musik oder „ausländisches Kino“ austauschen und etwa die gleichen Ergebnisse erhalten.

Zur gleichen Zeit markieren die Soziologen der Moskauer Stiftung eine in der Gesellschaft recht verbreitete Erscheinung. Und zwar: Den Herrschenden (im Falle mit der russischen Sprache – der Staatsduma) wird das Recht delegiert, nicht einfach Entscheidungen zu treffen, sondern auch eine Gefahr zu bestimmen, Bedrohungen zu beschreiben. Die Bürger akzeptieren von den oberen Führungsetagen gestartete Initiativen, Formulierungen, wünschenswerte Verhaltensvarianten und Reaktionen auf unterschiedliche Erscheinungen. Natürliche ausländische Übernahmen in der Sprache werden mit der Zeit einfach nicht mehr wahrgenommen. Und sie kann man unter solchen Bedingungen nur künstlich zu einem Reizobjekt verwandeln. Der Kampf gegen Fremdwörter in der russischen Sprache ist eine durchaus künstliche Agenda, die von der Lösung wahrer Probleme ablenkt.