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Zehn „Kandidaten“ für die Präsidentschaft geraten nicht unter die neuen EU-Sanktionen


Die Außenminister der EU-Länder haben sich in der dritten Februar-Dekade geeinigt, Sanktionen gegen vier Vertreter der russischen Rechtsschutz- und bewaffneten Organe zu verhängen, meldete Reuters unter Berufung auf Diplomaten in Brüssel. Zu Zielscheiben für die neuen Sanktionen können die Leiter der Generalstaatsanwaltschaft, der Russischen Garde, des Untersuchungskomitees und des Föderalen Dienstes für den Strafvollzug werden. Auf diee Liste ist nicht einer der für den Westen annehmbaren russischen Politiker geraten, die zu einer Alternative zum gegenwärtigen Präsidenten der Russischen Föderation Wladimir Putin werden könnten. Eine Liste von zehn potenziellen Anwärtern auf die Führung des russischen Staates wird derzeit auf russischen Internet-Plattformen diskutiert. Veröffentlich hat sie der russische Politiker und ehemalige kommunale Abgeordnete Maxim Kaz aus Moskau.

Ende Januar dieses Jahres hatte der einst mit der Partei „Jabloko“ zusammenarbeitende Politiker Maxim Kaz eine Liste von Politikern publiziert, die „bereit sind, das Präsidentenamt selbst morgen schon einzunehmen. Und dies wird zu keinerlei schrecklichen Folgen führen. Im Gegenteil, für alle wird es dadurch nur besser“.

Die meisten der ausgewiesenen Politiker „werden das System nicht zerbrechen“ und massenhaft korrupte Vertreter aus Staat und Wirtschaft einsperren. Unter ihnen würden aber sicherlich „Veränderungen in der Außen- und Innenpolitik zum Besseren“ beginnen.

Der einstige „Jabloko“-Vertreter Kaz nennt unter den durchaus systemkonformen Kandidaten für das Präsidentenamt Premier Michail Mischustin, Ex-Präsident Dmitrij Medwedjew, Moskaus Oberbürgermeister Sergej Sobjanin, den Chef des russischen Rechnungshofs Alexej Kudrin, den Gouverneur des Verwaltungsgebietes Kaliningrad Anton Alikhanow und den Gouverneur des Gebietes Nishnij Nowgorod Gleb Nikitin. (Gerade die Präsentation der Gouverneure als potenzielle Präsidenten der Russischen Föderation löste in den Regionen lebhaftes Interesse aus.) Die genannten Gouverneure oder die anderen Vertreter der heutigen Elite würden mit der Leitung des Landes nicht schlechter als der amtierende Präsident fertig werden. Und jeglicher neue Präsident werde für das Land nützlicher sein als der gegenwärtige, meint Kaz. Seinen Worten zufolge werde bei einem Wechsel des Staatsoberhauptes „die irrsinnige Konfrontation mit dem Westen oder das Suchen nach inneren Feinden“ beendet.

In dem Szenario für das Bedürfnis nach radikaleren Veränderungen aufgrund der gewaltsamen Unterdrückung der zivilen Aktivitäten könnten das Land durchaus der frühere Kabinettschef Michail Kasjanow, der Geschäftsmann und Ex-Oligarch Michail Chodorkowskij und der ehemalige Besitzer der Kette „Magnit“ Sergej Galizkij anführen. In der Liste der potenziellen Kandidaten werden auch der Oppositionelle Alexej Nawalny, der Politiker Grigorij Jawlinskij, Außenminister Sergej Lawrow, der Sberbank-Chef German Gref (die Sberbank nennt sich seit kurzem nur noch „Sber“ – Anmerkung der Redaktion) oder der Ex-Bürgermeister von Jekaterinburg Jewgenij Roisman erwähnt.

Zum Anlass für die neuen EU-Sanktionen gegen russische Beamte wurde die strafrechtliche Verfolgung des Politikers Alexej Nawalny. Dies erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Mitstreiter des Oppositionellen Nawalny hatten ebenfalls aufgerufen, Sanktionen gegen russische Milliardäre zu verhängen (weshalb u. a. im Parlament als auch durch Kremlsprecher Dmitrij Peskow diese bereits als „Landesverräter“ bezeichnet wurden – Anmerkung der Redaktion). Laut Angaben der Agentur Bloomberg habe man jedoch in der Europäischen Union dies nicht tun wollen, da einige Länder Angst gehabt hätten, „alle Brücken mit Moskau niederzubrennen“.